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John Nunn

Magnus Carlsen sagte einmal über ihn: „Ich bin überzeugt, dass der Grund, warum John Nunn nie Weltmeister geworden ist, darin liegt, dass er dafür zu clever ist. Er hat so unglaublich viel in seinem Kopf. Einfach zu viel.“

Mit 15 Jahren saß John Nunn in Oxford in Mathe-Vorlesungen. Jüngster Student seit 500 Jahren. Fünf Jahre später promovierte er. Und wurde im selben Jahr Schachgroßmeister.

Was dann kam, war eine Karriere zwischen Formeln und Feldern. Nunn zählte in den 1980ern zu den besten Spielern der Welt. Im Januar 1989 stand er auf Platz 9 der Weltrangliste. Er gewann drei Mal in Wijk aan Zee, wurde 1980 britischer Meister und spielte über Jahrzehnte hinweg für die englische Nationalmannschaft. Bei der Schacholympiade 1984 war er der beste Spieler des Turniers. 1988 holte er mit dem englischen Team Silber, 1992 Bronze.

Sein bekanntester Sieg: Beliavsky–Nunn, Wijk aan Zee 1985. "Meine beste Partie", sagt er. Yasser Seirawan nannte sie die stärkste des Jahrzehnts.

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Beste Partie der 1980er?

Nunn galt als Experte für die Königsindische Verteidigung, insbesondere für scharfe Varianten wie den Sämisch-Angriff. Seine genaue Berechnung machte ihn zu einem der gefürchtetsten Spieler in dynamischen Stellungen.

Längst ein (bis heute gültiger) Klassiker unter den Taktik-Lehrbüchern.

Doch das war nicht alles. Nunn wurde zur Stimme des englischen Schachs, schrieb über 30 Bücher über Eröffnungen, Endspiele, Strategie. Sein Werk „Secrets of Grandmaster Chess“ wurde 1988 zum Buch des Jahres gekürt, „John Nunn’s Best Games“ 1995 ebenfalls. In den 1990ern gründete er den Verlag Gambit Publications. Er schrieb über Emanuel Lasker, kommentierte für ChessBase, war früh dabei, als das Schach auf den Computer wanderte. Auch in der Endspielforschung mit Tablebases setzte er Maßstäbe.

Als die Tablebases aufkamen, war John Nunn derjenige, der daraus neue Erkenntnisse für unser Verständnis des Endspiels ableitete.

Und als das Schach ans Lösebrett zog, war Nunn erneut vorne dabei: dreifacher Weltmeister im Schachlösen, Großmeister auch in dieser Disziplin. Er ist einer von nur vier Menschen, die beide Titel tragen – im Turnierschach und im Problemlösen.

Im englischen Schach war Nunn über Jahrzehnte nicht nur Leistungsträger, sondern auch Impulsgeber. In den 1980ern war er gemeinsam mit Nigel Short, Jonathan Speelman und Tony Miles Teil des goldenen Jahrgangs. Er brachte analytische Tiefe ins Team, galt als akribischer Arbeiter, der präzise rechnete, aber auch kreative Wege fand. Später wurde er Mentor, Kommentator, Autor – und eine feste Größe im intellektuellen Rückgrat des englischen Schachs.

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Sein Stil war stets positionell geprägt, doch mit taktischer Tiefe. Er kombinierte Mathematikerdenken mit sportlicher Kaltblütigkeit, verstand das Spiel als Wissenschaft, aber auch als Kampf.

Seit 2022 spielt er wieder mehr. Bei den Senioren-Weltmeisterschaften Ü65 gewann er zwei Mal Gold, ebenso bei der Europameisterschaft. Mit der englischen Seniorennationalmannschaft gewann er mehrere Teamtitel.

John Nunn ist verheiratet mit der deutschen Schachspielerin Petra Fink.

Mit 70 auf dem Gipfel – im wahrsten Sinn: John Nunn feierte seinen runden Geburtstag mit einem Blitzturnier auf dem höchsten Punkt Cornwalls, dem Brown Willy. Die Teilnehmer – darunter Ehefrau Petra, Sohn Michael und befreundete Spieler aus der Region – schleppen ein Brett auf den Hügel, finden eine flache Steinplatte, und los geht’s. Nunn gewinnt mit 5/5, es gibt Zuschauer, ein Surfbrett, keine FIDE-Kleiderordnung – und eine Partie gegen Petra, die den Turniersieg entscheidet.

Der Anlass war mehr als ein Jubiläum: Nunn blickt zurück auf 50 Jahre Schach – und auf ein überraschendes Comeback. Eigentlich wollte er sich in Cornwall zur Ruhe setzen, wandern, schwimmen. Doch seit 2022 ist er zurück am Brett – als Spieler der englischen Seniorenmannschaft 65+, als Löse-Weltmeister, als Ligaakteur in der Cornish League für das Team von Bude. Dort steht er am ersten Brett und holt 11 aus 12.

Sein Trophäenschrank wächst weiter: 13 Weltmeistertitel, 6 Europameistertitel, dazu ungezählte nationale Erfolge. Und beinahe hätte man es übersehen: Auch bei der regulären Löse-Weltmeisterschaft 2024 tritt Nunn an – und wird Zweiter hinter Kacper Piorun, aber mit dem britischen Team (mit Jonathan Mestel und David Hodge) holt er den Titel.

Zum Abschluss seines Rückblicks schenkt Nunn sich und den Lesern zwei selbst komponierte Helpmates in sechs Zügen – typische Nunn-Probleme: tiefgründig, präzise, spielerisch.

Quelle: John Nunns Beitrag vom 6. Mai 2025 auf ChessBase.

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