Henry Grob (1904-1974)
Zitat von Conrad Schormann am 4. Juni 2025, 17:07 UhrHenry Grob: Schach, Streit und Zeichenkunst
Wenn im Schach die Rede auf Henry Grob kommt, fällt unweigerlich der Name seiner Eröffnung: 1. g4 – ein Abenteuerzug, der fast so eigenwillig war wie Grob selbst. Hinter dem Mann, der heute als Namensgeber einer schrägen Eröffnung gilt, steckte weit mehr als ein schachlicher Exzentriker. Grob war Künstler, Werber, Pionier – und ein streitbarer Geist, der im Schweizer Schach nicht nur Freunde gewann.
via sgzuerich.chZeichner, Maler, Werber
Geboren 1904 in Braunau als Sohn Schweizer Eltern, wuchs Grob in Zürich auf und bildete sich in Zürich, Paris und Wien zum Kunstmaler aus. Schon früh machte er sich als Porträtzeichner einen Namen. Persönlichkeiten wie Thomas Mann, Le Corbusier, Auguste Piccard und viele Größen der Schachwelt ließen sich von ihm abbilden. Sein zeichnerisches Talent fand auch in der Werbung Beachtung: Ab 1928 war Grob Reklamechef bei Jelmoli, dem renommierten Zürcher Kaufhaus, für das er später weiterhin Werbekampagnen entwickelte. In den Dreißigerjahren führte er eine eigene Werbeagentur – stets mit exzellentem Ruf als kreativer Kopf.
Der erste Berufsschachspieler der Schweiz
Parallel zur künstlerischen Karriere vertiefte sich Grob ins Schach. 1932 wagte er, als erster überhaupt, den Schritt zum Berufsschachspieler in der Schweiz. Während Hans Fahrni und Paul Johner dafür nach Deutschland gezogen waren, wollte Grob den Beweis antreten, dass dies auch in der Heimat gelingen kann – zu einer Zeit, in der es keine Openturniere, keine bezahlten Vereinsmannschaften und kaum Möglichkeiten zur Honorierung starker Spieler gab.
Mit großem Elan organisierte Grob Simultanvorstellungen, Turniere, Kurse und Schachspalten. Er trommelte für den Schachsport – und für sich selbst. Grob erkannte, dass sich Schach nur dann professionalisieren konnte, wenn es eine breite Basis von Amateuren gab, die Spitzenspieler unterstützten. Seine Werbeerfahrung nutzte er, um Schach sichtbar zu machen.
Streit mit dem Verband – und eine Schachspalte nach der anderen
Grob war ein begeisterter, aber oft auch polarisierender Förderer seiner eigenen Sache. Besonders mit der Basler Schachgröße Erwin Voellmy lag er im Dauerclinch. Voellmy kritisierte Grobs „Selbstbeweihräucherung“ in der Schachzeitung, Grob konterte offen und scheute sich nicht, auch den Verband und dessen Präsidenten öffentlich anzugreifen. 1937 forderte er sogar die Abwahl des Verbandschefs, unterlag jedoch knapp. Immer wieder stritt Grob um die richtige Richtung in der Schach-PR und Gestaltung der Schachzeitung. Rückblickend bleibt festzuhalten: Sein Engagement, so eigennützig es manchmal schien, brachte dem Schweizer Schach große Impulse.
Publizist, Fernschachpionier, Organisator
Grob gründete und betreute zahlreiche Schachspalten – nach eigener Aussage zwölf –, unter anderem in der „Tat“ und der „Zürcher Illustrierten“. Seine Wochenzeitungen „Schach-Kurier“ und „Schach-Express“ dienten ebenso seiner Mission, auch wenn sie finanziell ein Minusgeschäft blieben. Mit der „NZZ Fernschachzentrale“ schuf er ab 1940 ein neuartiges PR-Unternehmen: Leser der „Neuen Zürcher Zeitung“ konnten gegen Grob Fernpartien spielen – zeitweise führte er über 60 Partien parallel. Bei seinem Rücktritt 1973 waren es 3614 gespielte Fernpartien, von denen er rund 81 % gewann.
Auch als Autor war Grob produktiv: Seine Schachbücher – darunter das Lehrbuch „Lerne Schachspielen“ (1942) und der praktische „Schachkalender“ – verkauften sich in hoher Auflage. Legendär sind seine Schriften zum Englund-Gambit und vor allem zur eigenen Eröffnung 1. g4, die als „Grobs Angriff“ weltweit bekannt wurde.
500 Grob-Partien, zusammengestellt 2021, rudimentär kommentiert mit praktischen Hinweisen.Turnierspieler mit Lichtblicken
Auch als Turnierspieler machte Grob Schlagzeilen. Zweimal – 1939 und 1951 – gewann er die Schweizer Landesmeisterschaft, weitere sechsmal belegte er Platz zwei. 1937 erzielte er in Ostende einen seiner größten Triumphe, als er das internationale Turnier gemeinsam mit Paul Keres und Reuben Fine gewann. Zahlreiche internationale Erfolge und Siege gegen Größen wie Keres, Flohr oder Najdorf stehen in seiner Bilanz – auch wenn der große Wurf auf Weltniveau ausblieb.
Künstler mit eigenem Stil
Abseits des Schachs war Grob ein angesehener Zeichner und Maler. 1965 erschien ein Band mit Fotos seiner Werke, darunter Porträts von Schachlegenden wie Alekhine, Flohr, Najdorf, Fischer, aber auch Persönlichkeiten wie Le Corbusier oder Thomas Mann. Szenen vom Zürcher Markt und Ansichten von Madrid zeigen Grobs Gespür für Atmosphäre. Sein Stil verband Beobachtungsgabe mit einem sicheren Strich, der in seinen besten Werken Eleganz und Charakter einfing.
https://twitter.com/chessContact/status/1273211195974090752
Privatleben und Vermächtnis
Grob war neunmal verheiratet, was seine Freunde gern mit seiner Vorliebe für ungewöhnliche Eröffnungen verglichen. 1974 starb er in Zürich. Als glänzender Unterhalter war er in der Schachgesellschaft Zürich stets willkommen. Die Trauer um seinen Tod vereinte die ganze Schachszene – ungeachtet aller früheren Konflikte.
Quellen:
https://www.ajedrez365.com/2012/03/ajedrez-y-pintura-henry-grob-1904-1974.html
https://sgzurich.ch/index.php/henry-grob
Henry Grob: Schach, Streit und Zeichenkunst
Wenn im Schach die Rede auf Henry Grob kommt, fällt unweigerlich der Name seiner Eröffnung: 1. g4 – ein Abenteuerzug, der fast so eigenwillig war wie Grob selbst. Hinter dem Mann, der heute als Namensgeber einer schrägen Eröffnung gilt, steckte weit mehr als ein schachlicher Exzentriker. Grob war Künstler, Werber, Pionier – und ein streitbarer Geist, der im Schweizer Schach nicht nur Freunde gewann.
via sgzuerich.ch
Zeichner, Maler, Werber
Geboren 1904 in Braunau als Sohn Schweizer Eltern, wuchs Grob in Zürich auf und bildete sich in Zürich, Paris und Wien zum Kunstmaler aus. Schon früh machte er sich als Porträtzeichner einen Namen. Persönlichkeiten wie Thomas Mann, Le Corbusier, Auguste Piccard und viele Größen der Schachwelt ließen sich von ihm abbilden. Sein zeichnerisches Talent fand auch in der Werbung Beachtung: Ab 1928 war Grob Reklamechef bei Jelmoli, dem renommierten Zürcher Kaufhaus, für das er später weiterhin Werbekampagnen entwickelte. In den Dreißigerjahren führte er eine eigene Werbeagentur – stets mit exzellentem Ruf als kreativer Kopf.
Der erste Berufsschachspieler der Schweiz
Parallel zur künstlerischen Karriere vertiefte sich Grob ins Schach. 1932 wagte er, als erster überhaupt, den Schritt zum Berufsschachspieler in der Schweiz. Während Hans Fahrni und Paul Johner dafür nach Deutschland gezogen waren, wollte Grob den Beweis antreten, dass dies auch in der Heimat gelingen kann – zu einer Zeit, in der es keine Openturniere, keine bezahlten Vereinsmannschaften und kaum Möglichkeiten zur Honorierung starker Spieler gab.
Mit großem Elan organisierte Grob Simultanvorstellungen, Turniere, Kurse und Schachspalten. Er trommelte für den Schachsport – und für sich selbst. Grob erkannte, dass sich Schach nur dann professionalisieren konnte, wenn es eine breite Basis von Amateuren gab, die Spitzenspieler unterstützten. Seine Werbeerfahrung nutzte er, um Schach sichtbar zu machen.
Streit mit dem Verband – und eine Schachspalte nach der anderen
Grob war ein begeisterter, aber oft auch polarisierender Förderer seiner eigenen Sache. Besonders mit der Basler Schachgröße Erwin Voellmy lag er im Dauerclinch. Voellmy kritisierte Grobs „Selbstbeweihräucherung“ in der Schachzeitung, Grob konterte offen und scheute sich nicht, auch den Verband und dessen Präsidenten öffentlich anzugreifen. 1937 forderte er sogar die Abwahl des Verbandschefs, unterlag jedoch knapp. Immer wieder stritt Grob um die richtige Richtung in der Schach-PR und Gestaltung der Schachzeitung. Rückblickend bleibt festzuhalten: Sein Engagement, so eigennützig es manchmal schien, brachte dem Schweizer Schach große Impulse.
Publizist, Fernschachpionier, Organisator
Grob gründete und betreute zahlreiche Schachspalten – nach eigener Aussage zwölf –, unter anderem in der „Tat“ und der „Zürcher Illustrierten“. Seine Wochenzeitungen „Schach-Kurier“ und „Schach-Express“ dienten ebenso seiner Mission, auch wenn sie finanziell ein Minusgeschäft blieben. Mit der „NZZ Fernschachzentrale“ schuf er ab 1940 ein neuartiges PR-Unternehmen: Leser der „Neuen Zürcher Zeitung“ konnten gegen Grob Fernpartien spielen – zeitweise führte er über 60 Partien parallel. Bei seinem Rücktritt 1973 waren es 3614 gespielte Fernpartien, von denen er rund 81 % gewann.
Auch als Autor war Grob produktiv: Seine Schachbücher – darunter das Lehrbuch „Lerne Schachspielen“ (1942) und der praktische „Schachkalender“ – verkauften sich in hoher Auflage. Legendär sind seine Schriften zum Englund-Gambit und vor allem zur eigenen Eröffnung 1. g4, die als „Grobs Angriff“ weltweit bekannt wurde.
500 Grob-Partien, zusammengestellt 2021, rudimentär kommentiert mit praktischen Hinweisen.
Turnierspieler mit Lichtblicken
Auch als Turnierspieler machte Grob Schlagzeilen. Zweimal – 1939 und 1951 – gewann er die Schweizer Landesmeisterschaft, weitere sechsmal belegte er Platz zwei. 1937 erzielte er in Ostende einen seiner größten Triumphe, als er das internationale Turnier gemeinsam mit Paul Keres und Reuben Fine gewann. Zahlreiche internationale Erfolge und Siege gegen Größen wie Keres, Flohr oder Najdorf stehen in seiner Bilanz – auch wenn der große Wurf auf Weltniveau ausblieb.
Künstler mit eigenem Stil
Abseits des Schachs war Grob ein angesehener Zeichner und Maler. 1965 erschien ein Band mit Fotos seiner Werke, darunter Porträts von Schachlegenden wie Alekhine, Flohr, Najdorf, Fischer, aber auch Persönlichkeiten wie Le Corbusier oder Thomas Mann. Szenen vom Zürcher Markt und Ansichten von Madrid zeigen Grobs Gespür für Atmosphäre. Sein Stil verband Beobachtungsgabe mit einem sicheren Strich, der in seinen besten Werken Eleganz und Charakter einfing.
The🇨🇭champ H. Grob was of artistic nature not only in chess. The «Henry Grob, The Draftsman and Painter» anthology was published in 1965
Here's a sketch of her opponent in the Zurich 1951 match, Chantal de Silans
Grob also captured T. Mann, Le Corbusier & many other celebrities pic.twitter.com/XO33of0CO4
— Roaring Pawn (@chessContact) June 17, 2020
Privatleben und Vermächtnis
Grob war neunmal verheiratet, was seine Freunde gern mit seiner Vorliebe für ungewöhnliche Eröffnungen verglichen. 1974 starb er in Zürich. Als glänzender Unterhalter war er in der Schachgesellschaft Zürich stets willkommen. Die Trauer um seinen Tod vereinte die ganze Schachszene – ungeachtet aller früheren Konflikte.
Quellen:
https://www.ajedrez365.com/2012/03/ajedrez-y-pintura-henry-grob-1904-1974.html
https://sgzurich.ch/index.php/henry-grob