Eduard Gufeld
Zitat von Conrad Schormann am 19. März 2025, 9:33 UhrEduard Gufeld – Ein Leben für die Schönheit des Schachs
Eduard Gufeld war ein Botschafter des Spiels, ein Romantiker, der an die Kunst des Schachs glaubte, ein brillanter Erzähler und ein unermüdlicher Förderer der Schachkultur. Seine Karriere war geprägt von der Suche nach der perfekten Partie, nicht nach Titeln oder Turniersiegen. Die Schachwelt verlor mit seinem Tod im Jahr 2002 eine ihrer schillerndsten Persönlichkeiten.
Ein später Einstieg und eine außergewöhnliche Karriere
Geboren am 19. März 1936 in Kiew, begann Gufeld erst mit 14 Jahren mit dem Schachspielen – ein für spätere Großmeister ungewöhnlich spätes Alter. Trotzdem machte er rasch Fortschritte. Mit 22 Jahren wurde er Nationaler Meister, mit 28 Jahren Internationaler Meister, und 1967, im Alter von 31 Jahren, erreichte er den Großmeistertitel.
In der UdSSR bedeutete das nicht automatisch eine Weltkarriere. Schach war dort nicht nur Sport, sondern auch ein ideologisches Mittel, und Gufeld war kein Spieler, den die Offiziellen als zukünftigen Weltmeister sahen. Er durfte lange Zeit nicht an internationalen Turnieren teilnehmen und musste seine größten Erfolge im Schatten der absoluten Weltelite feiern. Trotzdem gewann er bedeutende Turniere, darunter Tbilisi 1974, Barcelona 1979, Havana 1985 und Wellington 1988. Er besiegte einige der stärksten Spieler seiner Ära, darunter Wassili Smyslow, Michail Tal, Boris Spasski und Viktor Kortschnoi.
Der Schachkünstler
Gufelds Schachphilosophie war einzigartig. Für ihn war Schach mehr als nur ein Wettkampf – es war eine Kunstform. „Nicht der Spieler mit den meisten Punkten ist der wahre Gewinner eines Turniers, sondern derjenige, der die schönste Partie spielt“, erklärte er einmal. Sein Stil war kühn, kreativ und oft von der Königsindischen Verteidigung geprägt. Sein fianchettierter schwarzfeldriger Läufer war seine Lieblingsfigur, die scherzhaft als „Gufeld-Läufer“ bekannt wurde.
Seine berühmteste Partie ist die gegen Wladimir Bagirow, die er als seine „Mona Lisa“ bezeichnete. Diese Partie war für ihn nicht nur eine brillante Leistung, sondern eine Demonstration seines Schachideals: Mut, Dynamik und Schönheit.
Ein Trainer, der die Welt bereiste
Obwohl Gufeld nicht zur absoluten Weltelite zählte, war er als Trainer hochgeschätzt. Er arbeitete über 15 Jahre mit Jefim Geller, der regelmäßig an den Kandidatenturnieren teilnahm. Später wurde er Trainer der sowjetischen Nationalmannschaft und betreute die Frauennationalmannschaft der UdSSR bei mehreren Schacholympiaden. Besonders bekannt wurde er als Trainer von Maia Tschiburdanidse, die von 1978 bis 1991 Weltmeisterin war.
Dank dieser Erfolge konnte Gufeld schließlich die Welt bereisen, hielt Vorträge in über 20 Ländern und verbreitete seine Leidenschaft für das Schachspiel. Besonders geschätzt wurde seine Art, Schachlektionen mit Humor und Anekdoten zu verbinden. In Malaysia, den USA und auf den Philippinen begeisterte er unzählige Schüler.
Ein Leben voller Geschichten
Gufeld war bekannt für seine lebhaften Erzählungen. Egal, ob seine Geschichten vollständig der Wahrheit entsprachen oder nicht – sie waren unterhaltsam und inspirierten viele, sich mit Schach zu beschäftigen. Er sprach ein einzigartiges Englisch, das er selbst „Gufeld-Englisch“ nannte, und scherzte gerne darüber, dass es eine eigene Sprachkategorie zwischen Oxford-Englisch und Pidgin-Englisch sei.
Sein Temperament zeigte sich auch am Schachbrett. Wenn er eine Partie verlor, konnte er regelrecht verzweifeln. Er schimpfte, schüttelte den Kopf oder rief empört: „Das ist kein Schach!“. Doch ebenso enthusiastisch feierte er großartige Züge, egal ob sie von ihm oder seinem Gegner kamen.
Ein umstrittenes Schachgenie
Während Gufeld für seine Leidenschaft für das Spiel bekannt war, gab es auch Kontroversen um seine Person. In der Sowjetunion kursierten Gerüchte, dass er für den KGB arbeitete, da er ungewöhnlich oft ins Ausland reisen durfte – ein Privileg, das nur wenigen Schachspielern gewährt wurde. Bewiesen wurde das nie, und viele seiner Freunde hielten es für eine haltlose Spekulation.
Ein weiterer Kritikpunkt war seine Produktivität als Autor. Gufeld veröffentlichte über 80 Bücher, darunter Biografien, Theoriewerke und Lehrbücher. Doch nicht alle genossen hohes Ansehen. Kritiker warfen ihm vor, Material oft zu wiederholen und mehr Wert auf Quantität als auf Qualität zu legen. Trotzdem waren seine Bücher populär und wurden in mehrere Sprachen übersetzt.
Die letzten Jahre in den USA
Nach dem Zerfall der Sowjetunion emigrierte Gufeld 1995 in die USA. Dort gründete er die GM Gufeld Chess Academy in Los Angeles und unterrichtete Hunderte von Schülern. Er nahm weiterhin an Turnieren teil und gewann 1999 die American Open, was ihn stolz machte: „Ich wollte zum Abschluss des Jahrtausends noch einmal ein großes Turnier gewinnen – und es ist mir gelungen!“
Der plötzliche Tod eines Schachromantikers
Im September 2002 erlitt Gufeld einen Schlaganfall. Nachdem er kurzzeitig aus dem Koma erwachte, verschlechterte sich sein Zustand erneut. Am 23. September 2002 verstarb er in Los Angeles. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Hollywood Forever Cemetery.
Mit seinem Tod verlor die Schachwelt eine einzigartige Persönlichkeit – einen Romantiker, Lehrer, Erzähler und Künstler. Sein Vermächtnis lebt weiter in seinen Büchern, seinen Schülern und in der einen Partie, die er so sehr liebte: „Gufelds Mona Lisa“.
Quellen:
https://en.chessbase.com/post/eduard-y-gufeld-the-ultimate-chess-romantic
https://www.sfgate.com/bayarea/article/Eduard-Gufeld-2786751.php
https://de.wikipedia.org/wiki/Eduard_Gufeld
Eduard Gufeld – Ein Leben für die Schönheit des Schachs
Eduard Gufeld war ein Botschafter des Spiels, ein Romantiker, der an die Kunst des Schachs glaubte, ein brillanter Erzähler und ein unermüdlicher Förderer der Schachkultur. Seine Karriere war geprägt von der Suche nach der perfekten Partie, nicht nach Titeln oder Turniersiegen. Die Schachwelt verlor mit seinem Tod im Jahr 2002 eine ihrer schillerndsten Persönlichkeiten.
Ein später Einstieg und eine außergewöhnliche Karriere
Geboren am 19. März 1936 in Kiew, begann Gufeld erst mit 14 Jahren mit dem Schachspielen – ein für spätere Großmeister ungewöhnlich spätes Alter. Trotzdem machte er rasch Fortschritte. Mit 22 Jahren wurde er Nationaler Meister, mit 28 Jahren Internationaler Meister, und 1967, im Alter von 31 Jahren, erreichte er den Großmeistertitel.
In der UdSSR bedeutete das nicht automatisch eine Weltkarriere. Schach war dort nicht nur Sport, sondern auch ein ideologisches Mittel, und Gufeld war kein Spieler, den die Offiziellen als zukünftigen Weltmeister sahen. Er durfte lange Zeit nicht an internationalen Turnieren teilnehmen und musste seine größten Erfolge im Schatten der absoluten Weltelite feiern. Trotzdem gewann er bedeutende Turniere, darunter Tbilisi 1974, Barcelona 1979, Havana 1985 und Wellington 1988. Er besiegte einige der stärksten Spieler seiner Ära, darunter Wassili Smyslow, Michail Tal, Boris Spasski und Viktor Kortschnoi.
Der Schachkünstler
Gufelds Schachphilosophie war einzigartig. Für ihn war Schach mehr als nur ein Wettkampf – es war eine Kunstform. „Nicht der Spieler mit den meisten Punkten ist der wahre Gewinner eines Turniers, sondern derjenige, der die schönste Partie spielt“, erklärte er einmal. Sein Stil war kühn, kreativ und oft von der Königsindischen Verteidigung geprägt. Sein fianchettierter schwarzfeldriger Läufer war seine Lieblingsfigur, die scherzhaft als „Gufeld-Läufer“ bekannt wurde.
Seine berühmteste Partie ist die gegen Wladimir Bagirow, die er als seine „Mona Lisa“ bezeichnete. Diese Partie war für ihn nicht nur eine brillante Leistung, sondern eine Demonstration seines Schachideals: Mut, Dynamik und Schönheit.
Ein Trainer, der die Welt bereiste
Obwohl Gufeld nicht zur absoluten Weltelite zählte, war er als Trainer hochgeschätzt. Er arbeitete über 15 Jahre mit Jefim Geller, der regelmäßig an den Kandidatenturnieren teilnahm. Später wurde er Trainer der sowjetischen Nationalmannschaft und betreute die Frauennationalmannschaft der UdSSR bei mehreren Schacholympiaden. Besonders bekannt wurde er als Trainer von Maia Tschiburdanidse, die von 1978 bis 1991 Weltmeisterin war.
Dank dieser Erfolge konnte Gufeld schließlich die Welt bereisen, hielt Vorträge in über 20 Ländern und verbreitete seine Leidenschaft für das Schachspiel. Besonders geschätzt wurde seine Art, Schachlektionen mit Humor und Anekdoten zu verbinden. In Malaysia, den USA und auf den Philippinen begeisterte er unzählige Schüler.
Ein Leben voller Geschichten
Gufeld war bekannt für seine lebhaften Erzählungen. Egal, ob seine Geschichten vollständig der Wahrheit entsprachen oder nicht – sie waren unterhaltsam und inspirierten viele, sich mit Schach zu beschäftigen. Er sprach ein einzigartiges Englisch, das er selbst „Gufeld-Englisch“ nannte, und scherzte gerne darüber, dass es eine eigene Sprachkategorie zwischen Oxford-Englisch und Pidgin-Englisch sei.
Sein Temperament zeigte sich auch am Schachbrett. Wenn er eine Partie verlor, konnte er regelrecht verzweifeln. Er schimpfte, schüttelte den Kopf oder rief empört: „Das ist kein Schach!“. Doch ebenso enthusiastisch feierte er großartige Züge, egal ob sie von ihm oder seinem Gegner kamen.
Ein umstrittenes Schachgenie
Während Gufeld für seine Leidenschaft für das Spiel bekannt war, gab es auch Kontroversen um seine Person. In der Sowjetunion kursierten Gerüchte, dass er für den KGB arbeitete, da er ungewöhnlich oft ins Ausland reisen durfte – ein Privileg, das nur wenigen Schachspielern gewährt wurde. Bewiesen wurde das nie, und viele seiner Freunde hielten es für eine haltlose Spekulation.
Ein weiterer Kritikpunkt war seine Produktivität als Autor. Gufeld veröffentlichte über 80 Bücher, darunter Biografien, Theoriewerke und Lehrbücher. Doch nicht alle genossen hohes Ansehen. Kritiker warfen ihm vor, Material oft zu wiederholen und mehr Wert auf Quantität als auf Qualität zu legen. Trotzdem waren seine Bücher populär und wurden in mehrere Sprachen übersetzt.
Die letzten Jahre in den USA
Nach dem Zerfall der Sowjetunion emigrierte Gufeld 1995 in die USA. Dort gründete er die GM Gufeld Chess Academy in Los Angeles und unterrichtete Hunderte von Schülern. Er nahm weiterhin an Turnieren teil und gewann 1999 die American Open, was ihn stolz machte: „Ich wollte zum Abschluss des Jahrtausends noch einmal ein großes Turnier gewinnen – und es ist mir gelungen!“
Der plötzliche Tod eines Schachromantikers
Im September 2002 erlitt Gufeld einen Schlaganfall. Nachdem er kurzzeitig aus dem Koma erwachte, verschlechterte sich sein Zustand erneut. Am 23. September 2002 verstarb er in Los Angeles. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Hollywood Forever Cemetery.
Mit seinem Tod verlor die Schachwelt eine einzigartige Persönlichkeit – einen Romantiker, Lehrer, Erzähler und Künstler. Sein Vermächtnis lebt weiter in seinen Büchern, seinen Schülern und in der einen Partie, die er so sehr liebte: „Gufelds Mona Lisa“.
Quellen:
https://en.chessbase.com/post/eduard-y-gufeld-the-ultimate-chess-romantic
https://www.sfgate.com/bayarea/article/Eduard-Gufeld-2786751.php
https://de.wikipedia.org/wiki/Eduard_Gufeld
Zitat von Conrad Schormann am 25. März 2025, 10:38 Uhrhttps://twitter.com/GMIanRogers/status/1904393590199238786
Researching the 1988 Wellington GMT, I learned that before facing @SusanPolgar , Soviet GM Gufeld approached the organiser saying: "I am a man, she is a woman. What will they say in Moscow if I lose or draw? Therefore I shall not play her." He was told to play or pack his bags.
— Ian Rogers (@GMIanRogers) March 25, 2025