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DSB-Satzungsreform, nächster Versuch

  • Keine Transparenz, stattdessen Anonymität bei elektronischen Abstimmungen
  • das Abwählen von Amtsträgern erschweren, aber sie länger im Amt lassen wollen
  • das Rückgängigmachen von Fehlentscheidungen schwieriger machen
  • einerseits versuchen, neue Leute fürs Schach zu gewinnen, andererseits keine neuen Formen der Mitgliedschaft einführen.

Das sind einige der Highlights, die sich nach dem ersten gescheiterten Versuch die seit eineinhalb Jahren neuerlich mit "Satzungsreform" befassten Fachleute ausgedacht haben. Einiges mehr findet sich im unten angehängten "Eckpunktepapier".

Der Wust ist kaum überschaubar, und eigentlich müsste er noch größer sein, da laut Protokoll des Hauptausschusses noch die Länder ihren Senf dazugeben sollten. Sollte das passiert sein, ist es beim DSB nicht abgebildet. Ich habe die Maschine über die Vielzahl der Dokumente schauen lassen. Hier ein paar Stichpunkte ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

Satzungsreform des DSB:

Weitreichende Änderungen geplant – Transparenz in Gefahr?

Der Deutsche Schachbund (DSB) arbeitet an einer umfassenden Satzungsreform, die beim kommenden Bundeskongress zur Abstimmung stehen soll. Die vorgeschlagenen Änderungen betreffen zentrale Bereiche der Verbandsstruktur, darunter die Länge von Wahlperioden, das Abstimmungsverfahren, die Mitgliedschaftsformen, die Hauptamtlichkeit sowie den Umgang mit IT und Datenverarbeitung. Während einige Vorschläge auf eine effizientere Verwaltung abzielen, könnten andere Maßnahmen eine Verringerung der Transparenz und der demokratischen Kontrollmöglichkeiten bedeuten. Besonders umstritten ist die geplante Abschaffung der namentlichen Abstimmung bei elektronischen Wahlen, da der Bundeskongress zunehmend digital tagt und damit die Rückverfolgbarkeit von Abstimmungen künftig nicht mehr gewährleistet wäre.

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Längere Amtszeiten für Kontinuität – oder zur Absicherung von Funktionären?

Ein zentraler Punkt der Reform ist die Verlängerung der Amtszeit von Funktionsträgern von bisher zwei auf vier Jahre. Die Arbeitsgruppe begründet dies mit dem Wunsch nach mehr Kontinuität in der Verbandsführung, um langfristige Projekte besser umsetzen zu können. Gleichzeitig könnte diese Änderung jedoch die Möglichkeit zur personellen Erneuerung im DSB einschränken. Ergänzt wird dies durch eine Erhöhung der Hürden für Abwahlanträge: Diese sollen künftig nur noch bei einem „wichtigen Grund“ möglich sein, während Dringlichkeitsanträge zur Abwahl ganz ausgeschlossen werden. Damit würde es erheblich schwerer, einen Amtsinhaber vorzeitig abzuberufen.

Elektronische Abstimmungen: Das Ende der Transparenz?

Eine der brisantesten Änderungen betrifft das Abstimmungsverfahren. Während bislang die Möglichkeit einer namentlichen Abstimmung bestand, soll diese künftig bei elektronischen Abstimmungen entfallen. Da der Bundeskongress inzwischen nahezu ausschließlich digital tagt, bedeutet dies faktisch das Ende der namentlichen Abstimmung. Dadurch wäre nicht mehr nachvollziehbar, wie einzelne Delegierte votiert haben. Dies steht in direktem Widerspruch zu dem erklärten Ziel der Reform, mehr Transparenz in die Verbandsarbeit zu bringen.

Ein weiteres Detail mit erheblichen Konsequenzen ist die Verkürzung der Fristen für Wahlanfechtungen. Bisher konnte eine Entscheidung über einen längeren Zeitraum hinweg angefochten werden, künftig soll die Frist deutlich reduziert werden. Dies könnte dazu führen, dass fehlerhafte oder strittige Abstimmungen weniger Chancen haben, rückgängig gemacht zu werden.

Keine neuen Mitgliedsformen – verpasste Chance?

Obwohl der Schachbund in den letzten Jahren versucht hat, verstärkt auch Freizeit- und Online-Spieler einzubinden, bleibt es dabei, dass nur Vereinsmitglieder über ihre Vereine und Landesverbände dem DSB angehören können. Die Einführung neuer Mitgliedsformen, etwa über eine DWZ-Lizenz für Nichtvereinsspieler, wird nicht weiterverfolgt. Diese Entscheidung erscheint widersprüchlich, da der DSB gleichzeitig betont, Schach für breitere Bevölkerungsgruppen öffnen zu wollen. Eine DWZ-Lizenz könnte eine Möglichkeit sein, Nichtvereinsmitglieder an den DSB zu binden, ohne dass sie einem Schachclub beitreten müssen. Dass diese Option nicht einmal zur Diskussion steht, zeigt eine gewisse Zurückhaltung gegenüber innovativen Strukturen.

Hauptamtlichkeit bleibt begrenzt

Eine vollständige Professionalisierung des Präsidiums ist nicht vorgesehen. Die Arbeitsgruppe lehnt ein hauptamtliches Präsidium ab, schlägt jedoch vor, eine Vergütung für ehrenamtliche Funktionsträger in die Satzung aufzunehmen. Dadurch könnte ein gewisses Maß an Professionalität sichergestellt werden, ohne dass der DSB vollständig in ein hauptamtliches System übergeht.

IT und Datenverarbeitung: Strukturelle Verankerung geplant

Angesichts der zunehmenden Bedeutung von IT-Lösungen im Schachbetrieb schlägt die Reform die Schaffung eines eigenen Referats für IT und Datenverarbeitung vor. Diskutiert wird die Einführung eines Vizepräsidenten oder zumindest eines festen IT-Referenten. Themen wie digitale Mitgliederverwaltung, Online-Turnierorganisation und Anti-Cheating-Maßnahmen erfordern eine stärkere strukturelle Verankerung in der Verbandsarbeit.

Fazit

Die geplante Satzungsreform des Deutschen Schachbundes enthält einige sinnvolle Maßnahmen, etwa die Verankerung von IT-Expertise oder die Einführung einer Vergütung für Funktionsträger. Gleichzeitig werfen zentrale Änderungen Fragen auf. Besonders die Abschaffung der namentlichen Abstimmung bei elektronischen Wahlen und die verkürzte Frist für Wahlanfechtungen könnten die Transparenz erheblich verringern. Die Verlängerung der Amtszeiten sowie die Erschwerung von Abwahlanträgen könnten darüber hinaus dazu führen, dass Funktionsträger schwerer aus dem Amt entfernt werden können.

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Die Frage bleibt: Wird diese Reform den DSB effizienter und moderner machen, oder schwächt sie die demokratische Kontrolle und Transparenz? Letztlich wird der Kongress des Deutschen Schachbunds entscheiden. Vor dem Hintergrund dessen verheerender Arbeitsbilanz vergangener Jahre ist nichts Gutes zu befürchten.

https://www.schachbund.de/satzungsreform.html

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Angehängt die Berliner Stellungnahme.

Paul Meyer-Dunker, Präsident des Berliner Schachverbands, lehnt Vorschläge des Eckpunktepapiers vor allem dann ab, wenn diese Engagement erschweren, Transparenz einschränken oder die ohnehin hohen Hürden für die Besetzung von Ämtern zusätzlich erhöhen könnten. Er kritisiert, dass Chancen vertan wurden, moderne Mitgliedschaftsformen oder innovative Stimmrechtsmodelle einzuführen, um beispielsweise mehr Frauen und jüngere Mitglieder einzubeziehen. Besonders problematisch findet er Vorschläge, die zu intransparenten oder komplizierten Abstimmungen führen könnten, etwa wenn elektronische Abstimmungen nicht automatisch namentlich erfolgen sollen.

Konkret lehnt er ab:

  • Verlängerung der Amtszeit auf vier Jahre – dadurch würden junge, berufstätige Mitglieder oder Mitglieder mit Familie von der Übernahme von Ämtern abgeschreckt.
  • Bundeskongresse nur alle zwei Jahre – Meyer-Dunker fordert stattdessen jährliche Kongresse, um intensiver und regelmäßiger diskutieren zu können.
  • Nicht-namentliche Abstimmungen bei elektronischen Verfahren – fordert, dass elektronische Abstimmungen grundsätzlich für alle sichtbar und nachvollziehbar durchgeführt werden.
  • Geheime Wahlen erst ab Zustimmung von 1/5 der Stimmen – fordert, dass bereits eine einzige Person geheime Wahlen verlangen können sollte.
  • Position „Referent Öffentlichkeitsarbeit“ streichen – sieht trotz momentaner Schwierigkeiten bei der Besetzung diese Position weiterhin als sinnvoll und notwendig an.
  • Hinzuziehung des DSJ-Vorsitzenden nur eingeschränkt ermöglichen – bewertet dies als Ausdruck eines falschen Misstrauens gegenüber der Jugendorganisation.

Demgegenüber unterstützt Meyer-Dunker Vorschläge, die zu einer sinnvollen Verschlankung und Modernisierung beitragen könnten, darunter:

  • Die Abschaffung der Präsidialausschüsse
  • Einen stellvertretenden Präsidenten ohne festen Aufgabenbereich
  • Entschlackung der Ordnungen auf wenige wesentliche Dokumente
  • Abschaffung des Widerspruchsverfahrens
  • Einführung klarer Regeln zur Beendigung von Mitgliedschaften
  • Datenschutzbeauftragten und alternierend gewählte Kassenprüfer
  • Präsidiumsmitglieder sollten grundsätzlich das Recht zur Teilnahme an allen Kommissionssitzungen haben

Als besonders kritisch betrachtet Meyer-Dunker unter anderem die vorgeschlagene Regelung zu elektronischen Abstimmungen, die zu faktisch geheimen Abstimmungen führen könnte. Hier fordert er maximale Transparenz: elektronische Abstimmungen sollen grundsätzlich sichtbar und nachvollziehbar sein. Ebenso kritisiert er die vorgesehenen Hürden für geheime Wahlen und plädiert dafür, diese auf Antrag bereits einer einzelnen Person zuzulassen.

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