Sieben Jahre später: Jordan-Strafverfahren soll am 1. Dezember beendet sein

Vor mehr als sieben Jahren, am 3. Juni 2018, trennte sich der Deutsche Schachbund von Dirk Jordan, der bis dahin 17 Jahre lang die Deutsche Amateurmeisterschaft (anfangs Ramada-Cup) ausgerichtet hatte. Das juristische Verfahren um Bestechlichkeit, Untreue und Steuerhinterziehung, das dieser Trennung folgte, ist lange nicht beendet. Aber eine Zwischenetappe könnte bald abgeschlossen sein, der strafrechtliche Part.

Seit Donnerstag, 23. Oktober, läuft in Dresden das Berufungsverfahren gegen die beiden jüngsten zwei Verurteilungen Jordans. Spätestens am 1. Dezember soll ein Urteil ergehen. Danach kann das Zivilverfahren des DSB gegen den „Dresdner Schachkönig“ (Lokalpresse) weitergehen, an dessen Ende der Verband hofft, Geld zu sehen.

Die Verurteilung im April 2023.
Die Verurteilung im Februar 2025.

Im Kern geht es um Hotelprovisionen für die Übernachtungen der DSAM-Teilnehmer, die Jordan auch zum Auftakt der Berufung nach einem Bericht der Sächsischen Zeitung (für Abonnenten) als „völlig üblich“ bezeichnete. Was im Prinzip stimmt. Wer einem Hotelier das Haus mit Gästen füllt, der handelt Konditionen aus.

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Wer im Auftrag eines anderen, des DSB in diesem Fall, dem Hotelier das Haus mit Gästen füllt, der ist eher nicht in der Position, ohne Absprache und auf eigene Rechnung Konditionen auszuhandeln. Jordan tat es trotzdem. Während dem Dresdner Schachunternehmer das Unrechtsbewusstsein fehlte, fehlte auf Seiten der Schachverwaltung jemand Professionelles, der darauf kommt, dass tausende Hotelübernachtungen Geld wert sind.

Mehrere hunderttausend Euro Hotelzahlungen sind nach Schätzungen des DSB in 17 Jahren DSAM auf das Konto von Jordans Vereinen geflossen – zum Schaden der DSB-Beitragszahler. Das meiste davon ist verjährt. Zur Verhandlung stehen deswegen jetzt nur Zahlungen ab 2014/15 und deren Verwendung in Jordans Vereinskonstrukten. Es geht um knapp 120.000 Euro (die Summe, die die Justiz von Jordans und deren Verein hat einziehen lassen).

Warum nicht 20 Jahre eher? Im April 2024 verkündete der DSB seine Partnerschaft mit den Maritim-Hotels.

2001 und wahrscheinlich noch in den Jahren danach wäre es möglich gewesen, eine Vereinbarung auszuhandeln, nach der sich der DSB als Veranstalter und Jordan als sein Organisator die Hotelprovisionen teilen. Zum jetzigen Gerichtsmarathon wäre es nie gekommen. 2003 zeigte sich der damalige DSB-Geschäftsführer Horst Metzing nach einem Hinweis auf „Sonderzahlungen“ an Jordan zwar wenig überrascht, aber auch wenig interessiert. Der damalige Rechtsberater Ernst Bedau wiederum habe sich von Jordan abspeisen lassen, berichtete vor zweieinhalb Jahren im Gericht der als Zeuge geladene Jörg Schulz, ehemaliger DSJ-Geschäftsführer.

Auf Seiten der führenden DSB-Funktionäre griff schon damals das bis heute bestimmende Prinzip, dass sie es immer dann nicht genau wissen wollen, wenn es kritisch ist und wichtig wäre, aber umso fester zusammenhalten, sobald die Dinge selbstverschuldet den Bach runtergegangen sind. 20 Jahre und einige hunderttausend Euro später präsentierte DSB-Vertreter Klaus Deventer dem Gericht eine Liste mit 19 Funktionären, darunter Metzing und Bedau, die versicherten, „keine konkreten Kenntnisse über irgendeine Form von Nebenabreden bei der DSAM“ zu haben. Der Richter stellte ein massives Versäumnis des Verbands fest – und wertete es als mildernden Umstand für Jordan.

Verurteilt wurde Jordan trotzdem, zweimal mittlerweile. Im April 2023 wegen „Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr“ sowie Untreue in 27 Fällen. Urteil: ein Jahr und sechs Monaten auf Bewährung, Bewährungsfrist zwei Jahre. Im Februar dieses Jahres befand das Gericht Jordan und seine Frau Martina Jordan der Steuerhinterziehung in 13 Fällen für schuldig. Urteil: jeweils 200 Tagessätze in Höhe von 50 Euro.

Gegen beide Urteile haben Jordans Berufung eingelegt. Nach Darstellung der Sächsischen Zeitung hat die Justiz die Fälle nun zusammengelegt, um sie im Sinne aller Beteiligten vom Tisch zu bekommen. „Äußerst belastend für mich“ seien die Verfahren, sagte der 69-Jährige jetzt im Gericht, bevor er einen 70-minütigen Monolog über sein Wirken und seine Verdienste hielt. Das Gericht hat für die Berufung drei weitere Verhandlungstage angesetzt: 7. und 21. November sowie 1. Dezember.

Der DSB ist an diesem Verfahren nicht beteiligt. DSB-intern hatte es nach den Offenbarungen vom Sommer 2018 eine Auseinandersetzung über das weitere Vorgehen gegeben: entweder sich außergerichtlich einigen und sofort Geld bekommen, dafür weniger, oder in der Hoffnung auf eine substanzielle Zahlung die Sache durchfechten?  Die Befürworter der zweiten Lösung setzten sich durch.

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Statt Ringen um eine außergerichtliche Einigung gab es im Wesentlichen Funkstille und verhärtete Fronten.

Der Verband betreibt seitdem ein Zivilverfahren gegen Dirk Jordan sowie dessen Vereine Ran ans Brett e.V. und 64 Felder e.V. Dieses Verfahren vor dem Landgericht Dresden ruht seit sechs Jahren. Die Versuche des Richters, beide Seiten zu einer Einigung zu bewegen, hatten nicht gefruchtet. Ein Vergleichsangebot Jordans lehnte der DSB ab, dann lehnte Jordan ein Vergleichsangebot des DSB ab. Angesichts fehlender Kompromissbereitschaft der Parteien setzte das Gericht das Verfahren im November 2019 aus. Der Richter will abwarten, wie das Strafverfahren ausgeht. Dessen Ende dürfte am 1. Dezember 2025 erreicht sein.


Korrektur: In einer früheren Version dieses Beitrags stand: „Es geht um etwa 70.000 Euro.“ Tatsächlich entspricht das dem Betrag, den das Gericht 2023 als Wertersatz vom Verein 64 Felder hat einziehen lassen. Dazu kommen aber rund 50.000 Euro, die das Gericht von den Eheleuten Jordan direkt hat einziehen lassen.

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Thorsten Cmiel
Thorsten Cmiel
24 Tage zuvor

Das betrifft dann ein vermutlich drittes Präsidium und einen dritten Präsidenten. Bravo. Ich erwarte aus dem Verfahren bei eines Gesamtkostenauswertung über dann vermutlich ein Jahrzehnt ein weiteres fünfstelliges Minus für den DSB. Das hatte ich vor Jahren hier im Forum schon einmal geschrieben und wurde deshalb von einem O.W. als Jordan-Jünger beschimpft. Außerdem bekommt der DSB von dem eingezogenen Geld vermutlich nichts und es geht am Ende in die Staatskasse. Auch das sollte man erwähnen und verfolgen.

peters
peters
23 Tage zuvor

Ich würde sagen, in dieser Geschichte gibt es nur Verlierer.
Der DSB (vermutlich ein Dutzend Funktionäre) sowieso, DJ, der die Schlafmützigkeit beim DSB jahrelang ausgenützt hat, und die Justiz auch, die so viele Jahre für ein vergleichsweise überschaubares Verfahren braucht.

Ein Trauerspiel, nicht mal eine Tragikomödie.