Deutsche Meisterschaften in München

München ist bereit. Die Bretter stehen. Die nationale Elite ist da. Und der Anspruch ist klar: Sportlich wie atmosphärisch sollen es Deutsche Meisterschaften von besonderer Qualität werden. Die Elozahlen der Felder spiegeln diese Erwartung. Mit Ausnahme von Dmitrij Kollars ist bei den Herren die komplette deutsche Spitze am Start. Und es wird die Frage zu beantworten sein, ob Vincent Keymer als Gejagter Frederik Svane, Matthias Blübaum und die anderen Nationalspieler auf Distanz halten kann. Im Frauenturnier ohne Elisabeth Pähtz steht Dinara Wagner vor der gleichen Frage. Lara Schulze, Deutschlands neue Nummer drei, oder Josefine Heinemann, gefühlte Nummer drei, stehen bereit, der Nummer eins in die Suppe zu spucken.

Eröffnungsfeier in München.

Mit einer stimmungsvollen Feier in der Münchner Schachakademie sind am Dienstagabend die Deutschen Schachmeisterschaften 2025 offiziell eröffnet worden. Rund 125 Jahre nach der letzten Austragung in der bayerischen Landeshauptstadt kehrt das nationale Spitzenturnier zurück – und das mit einem Rekord-Teilnehmerfeld, nennenswerten Preisgeldern und einem breiten Rahmenprogramm.

Bei Frühlingswetter, italienischem Essen und lockerer Atmosphäre stimmten sich alle Beteiligten auf die bevorstehenden Titelkämpfe ein. „Das Ambiente weckt schon Vorfreude auf morgen“, sagte Keymer. Die Auslosung ergab, dass sich Deutschlands Bester zum Auftakt heute ab 14 Uhr mit dem einzigen Außenseiter im Feld auseinandersetzen muss. IM Marco Dobrikov, Elo 2404, Zweitligaspieler des SC Viernheim, steht in München vor der wahrscheinlich mit Abstand größten sportlichen Herausforderung seiner Karriere.

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Veranstaltungsort der kommenden Turniertage ist das Kulturzentrum Fat Cat an der Rosenheimer Straße. Insbesondere der Meisterklassensaal „Black Box“ sorgte für Aufsehen: ein verdunkelter Raum mit kleiner Tribüne, der wie eine Arena wirkt. „Hier riecht es schon jetzt nach Schweiß und Drama“, teilte der Deutsche Schachbund in seinem Bericht von der Eröffnungsfeier mit. Fotograf Stev Bonhage, mit den Elite-Arenen des Sports vertraut: „Ein toller Ort, um Schach zu spielen.“

Roman Krulich hat als Unterstützer von München 2025 ein Heimspiel.

Im Mittelpunkt der Eröffnungsreden standen die Bedeutung der Meisterschaften und die Unterstützung durch Sponsoren. Immobilienunternehmer Roman Krulich, langjähriger Schachförderer in München, erklärte: „Schach hat mein Leben geprägt. Jetzt freue ich mich, dieses Event in meiner Heimatstadt mitgestalten zu dürfen.“ Neben Krulich ist die UKA Umweltgerechte Kraftanlagen als Sponsor vertreten. Deren Chef Gernot Gauglitz ließ ein Grußwort übermitteln – er wünsche „Energie für brillante Züge“.

Parallel sandte Gauglitz aus dem Schachgeflüster-Podcast kritische Worte. Im Kern sagte der DSB-Hauptsponsor das, was hier seit sieben Jahren immer wieder steht, ohne dass es neben den üblichen Abwehrreflexen eine Reaktion auslösen würde: In Sachen Sponsoring/Marketing gibt es beim DSB weder ein Konzept noch Zuständige. Und so muss Gauglitz feststellen, wenn er sich im überschaubaren Kreis der Unterstützer umschaut, dass es immer die gleichen sind.

Der Dresdner Unternehmer hätte Anlass, sich an die eigene Nase zu fassen. Anstatt Entwicklungshilfe zu leisten, beschränkt sich seine Zusammenarbeit mit dem DSB seit fast 15 Jahren darauf, Goldesel zu sein. Wer sein Engagement nicht mit Bedingungen und Erwartungen verbindet, wer keine Gegenleistungen einfordert, der erlebt zwangsläufig, dass das organisierte Schach das macht, was es am besten kann: weiter wie immer; überleben im Schoß der Mäzene.

Die Showpartie zwischen Leistungssportreferent Gerald Hertneck und Vincent Keymer endete remis. Es kiebitzen: Roman Krulich und Stefan Kindermann. | Foto: Levian Raschke/DSB

Von dieser Tradition heben sich die Deutschen Meisterschaften in ihrer neuen Form als ein kleines, mühsames Stück Entwicklungsgeschichte ab, eine Geschichte, an der Gauglitz indirekt beteiligt ist. Ohne sein Gold wäre es 2014 in Dresden nicht zum ersten “Masters” gekommen, einem Wettbewerb der besten deutschen Schachspielerinnen. Selbiges gilt für das erste “Masters” der Männer 2015. Von diesem Fundament aus war der nächste Schritt offensichtlich. Beim DSB verstrichen wegen des Widerstands der spitzensportfeindlichen Landesverbände mehr als zehn Jahre, bis er gegangen war: die Turniere der besten Deutschen zu den Deutschen Meisterschaften zu machen.

Für DSB-Präsidentin Ingrid Lauterbach markieren die Wettbewerbe in München einen gestalterischen und inhaltlichen Höhepunkt ihrer von Sparen geprägten, mit dem DSB-Kongress 2025 endenden Amtsperiode. Sie erinnerte an die Meisterschaft des Jahres 1900, als das Turnier noch „Kongress“ hieß, Eintritt kostete und der bayerische Infanteriechor spielte. Damals ging das Essen aus – diesmal, versprach sie, sei alles vorbereitet. Stadtrat Jörg Hoffmann, der für Oberbürgermeister Dieter Reiter sprach, lobte die Bedeutung der Veranstaltung und stellte sie in einen größeren Zusammenhang: „München versteht sich als Sportstadt. Die Meisterschaften passen auch zur Olympia-Bewerbung.“

Jeweils um 14 Uhr beginnen die Partien. Frederik Svane prophezeit: „Das wird ein schwieriges Event für Vincent. Wir werden auf jeden Ausrutscher lauern.“ Matthias Blübaum will als Nummer drei eine Medaille – am liebsten Gold. Bei den Frauen spricht Lara Schulze spricht von einem „Turnier auf Augenhöhe in tollem Ambiente“. Für Jana Schneider ist München ein Heimspiel – mit entsprechendem Druck.

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Insgesamt beträgt der Preisfonds rund 50.000 Euro. Die Gewinner erhalten 5.000 Euro (Männer) bzw. 3.200 Euro (Frauen). Auch die Kandidatenturniere zur Ermittlung künftiger Meisterklasse-Teilnehmer sind dotiert. Parallel startet ein Rahmenprogramm mit Simultanen (u. a. mit Pavel Eljanov), offenen Blitz- und Chess960-Turnieren, einem Problemschach-Wettbewerb und einem Symposium zu Wolfgang Unzicker, der in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden wäre. Auch an Robert Hübner, der kürzlich gestorben ist, wird in einer Gesprächsrunde erinnert.

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Matthias Wolf
Matthias Wolf
27 Tage zuvor

Wieder ein wunderbarer Artikel des von mir sehr geschätzten Kollegen Schormann. Was er nicht wissen kann, deshalb diese kleine Anmerkung: Es gibt seit Februar ein Sponsoringkonzept des DSB – es findet bereits Verbreitung unter potentiellen Sponsoren und liegt auch der UKA vor, deren Kommunikationsabteilung darauf schon reagiert hat und es ebenso interessant findet wie andere Firmen, mit denen der DSB im Gespräch ist. Der Ansatz, mit Blick auf die UKA ist klar: Für Geld muss auch eine Leistung erbracht werden. Das tun wir beim DSB. Es gibt – vom Team Öffentlichkeitsarbeit erstellte – Sponsorenkonzepte, die speziell auf den Schachgipfel 2026… Weiterlesen »