Showdown in den Schach-Bundesligen. Bei der Zentralen Endrunde am kommenden Wochenende spielen die Bundesliga (in der sieben Frauen mitspielen) und die Frauenbundesliga ihre Meister und Absteiger aus. Der Deutsche Schachbund (DSB) und der Schachbundesliga e.V. richten dieses Saisonfinale mit drei Runden parallel an einem Ort aus – von Freitag, 25. April, bis Sonntag, 27. April. Top-Denksport an 92 Brettern. Gastgeber ist der Schachbundesligist SV Deggendorf, für den diese Endrunde in der örtlichen Stadthalle ein Höhepunkt im Rahmen der Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen darstellt.
Der große Favorit auf den Titel in der Bundesliga ist der Düsseldorfer SK. Drei Spieltage vor Schluss führt das Team mit drei Punkten Vorsprung. Die Weste des Tabellenführers ist mit 22 Mannschaftspunkten aus elf Partien blitzsauber. Am letzten Spieltag steht aber noch das direkte Duell mit dem amtierenden Meister SC Viernheim an, der bereits angekündigt hat, man werde mit dem stärksten Aufgebot antreten – mit Ausnahme von Hikaru Nakamura, der sich nach dem Freestyle in Paris öffentlich in den Urlaub verabschiedet hat. Viernheims Teamchef Stefan Martin sagt, er wolle den Düsseldorfern „wenigstens eine Niederlage zuzufügen“. Der Düsseldorfer Teamchef Jan Werner weiß um die Brisanz: „Wir stehen gut da, aber wir sind noch nicht durch.“
Die Liga schadet sich traditionell selbst mit ihrer kontraproduktiven Regel, wonach die Aufstellung erst zwei Stunden vor Beginn der Partien veröffentlicht werden muss. Dazu kommt der Unwille bzw. die Ignoranz der Top-Clubs (außer Viernheim) gegenüber ihrem eigenen Interesse und dem der Veranstalter, Aufmerksamkeit fürs Bundesligafinale zu erzeugen. Ob Weltmeister Gukesh für Düsseldorf spielt oder Exweltmeister Viswanathan Anand für Baden-Baden, dürfte intern längst feststehen. Anstatt der Welt davon zu erzählen, wird ein Geheimnis daraus gemacht. So stark die stärkste Liga der Welt an den Brettern sein mag; abseits davon agieren Amateure, denen die Belange ihrer Liga und nicht zuletzt unseres Sports herzlich egal sind.
Gleichwohl ist den Ausrichtern vom SV Deggendorf, namentlich Teamchef Andreas Kraus, ein außergewöhnlich starker Zug gelungen. Auf Deggendorfer Initiative hin wird ein Team von ChessBase India in Deggendorf präsent sein, um seinem Millionenpublikum rund ums Bundesligafinale Geschichten zu erzählen und Partien zu zeigen. ChessBase-India-Chef Sagar Shah ist in der Szene als Berichterstatter längst bekannter als einige der besten Spieler. Da die Inder gerade in Karlsruhe Station gemacht haben, ist die Anreise zu den Bundesligen überschaubar weit.
An den Brettern ist neben der Abwesenheit der Nummer zwei der Welt sicher, dass die Nummer eins der Welt fehlen wird. “Aus Termingründen”, so meldet es der Deutsche Schachbund, wird Karlsruhe-Triumphator Magnus Carlsen nicht in Deggendorf für den FC St. Pauli antreten. Der Aufsteiger hat sich bereits aller Abstiegssorgen entledigt, was Carlsen aus sportlicher Sicht entbehrlich macht. Erstaunlich wäre, würde in den Reihen der Baden-Badener die deutsche Nummer eins Vincent Keymer fehlen.
Im Tabellenkeller ist höchste Spannung garantiert. Sechs Mannschaften kämpfen noch um den Klassenerhalt, darunter Ausrichter Deggendorf. Mitten im Abstiegsstrudel steckt mit dem FC Bayern München der prominenteste deutsche Sportclub. Die Schachabteilung dieses Clubs mit ihrem die Geschichte und Identität des Vereins verhöhnenden Spitzenbrett produziert seit Jahren immer wieder Schlagzeilen, die dem Verein schaden. Dass der große Gesamtclub seiner Schachabteilung nicht längst mahnend auf die Finger geklopft hat, ist erstaunlich. In Deggendorf müssen die Bayern Elo auffahren, wollen sie die Klasse halten, insofern dürfte sich dafür ein neuer Anlass bieten.
In der Frauenbundesliga führt der SC Bad Königshofen. „Ich wüsste nicht, wer sie jetzt noch aufhalten soll“, sagt Großmeisterin Elisabeth Pähtz über das Ensemble von Königshofen: „Sie sind schon sehr konstant und auch gut besetzt.“ Pähtz liegt mit der OSG Baden-Baden aktuell auf Rang zwei – bei zwei Mannschaftspunkten Rückstand vor der zentralen Endrunde mit ihren drei Duellen.
Insgesamt setzen der Deutsche Schachbund und die Bundesliga auf ein großes Familienfest des Schachsports. Eine gemeinsame Endrunde gab es erst zwei Mal, zuletzt 2019 in Berlin. Markus Schäfer, Präsident der Schachbundesliga, betont: „Die beiden höchsten Spielklassen, die besten Spielerinnen und Spieler an einem Ort – mehr geht schlichtweg nicht.“ Auch beim Deutschen Schachbund, Veranstalter der Frauenbundesliga, war der Wunsch nach einer gemeinsamen Bundesliga-Endrunde groß. „Die Spielerinnen stehen sonst nicht so im Fokus der Öffentlichkeit wie die männlichen Top-Spieler“, sagt DSB-Präsidentin Ingrid Lauterbach: „Jetzt haben wir in Deggendorf jenen Eventcharakter, den sich die Spielerinnen oft wünschen.“

Auch wenn sie namentlich nicht bekannt ist: Angesichts der zu erwartenden versammelten Schachprominenz hoffen die Veranstalter, dass Deggendorf zum Magneten für Schachfans wird. Es gibt noch freie Hotelbetten, aber die ersten Herbergen im Stadtzentrum vermelden bereits: ausgebucht.
In Sachen medialer Aufbereitung setzen die Organisatoren neue Maßstäbe. Mit den Großmeistern Ilja Zaragatski und Jan Gustafsson, dem Bundestrainer, sowie Moderatorin Angelika Valkova wird ein Dreigestirn live kommentieren. Zahlreiche Kameras aus dem Innenraum der Deggendorfer Stadthalle und ein Kameramann vor dem Spielsaal werden die Endrunde zu einem Live-Erlebnis machen. Zuschauer in Deggendorf können über Mikrofone live Fragen an die Kommentatoren stellen.
Die letzten drei Runden der Schach-Bundesligen finden am 25. April 2025 um 16 Uhr, am 26. April 2025 um 14 Uhr und am 27. April um 10 Uhr statt. Wer sich als Journalist akkreditieren möchte: E-Mail bis Freitag, 11 Uhr, an johannes.grabmeier@schachverein-deggendorf.de.
Ablaufplan – Zentrale Bundesliga-Endrunde & Rahmenprogramm in Deggendorf
Donnerstag, 24. April bis Sonntag, 27. April 2025
TÄGLICH (Donnerstag bis Sonntag)
09:00 Uhr & nachmittags – Halle 1
Niederbayerische Einzelmeisterschaften (7 Runden)
Leitung: Simon Staudinger (Spielleiter Niederbayern / SV Deggendorf)
Zwei Partien pro Tag: vormittags und nachmittags
Siegerehrung am Sonntagmittag nach der letzten Runde
Während aller Bundesligarunden – Verbindungsfoyer der Stadthallen
Live-Kommentierung mit:
- GM Jan Gustafsson
- GM Ilja Zaragatski
- Angelika Valkova
Analysebretter stehen nach Partieende zur Verfügung
FREITAG, 25. APRIL
16:00 Uhr – Halle 2
Offizielle Eröffnung mit Grußworten von:
- Prof. Dr. Johannes Grabmeier (SV Deggendorf)
- Bernd Sibler (Landrat Deggendorf, ehem. Staatsminister)
- Ingrid Lauterbach (Präsidentin DSB)
- Markus Schäfer (Präsident Schachbundesliga e.V.)
Direkt im Anschluss:
Runde 13 der Schachbundesliga
Runde 9 der Frauenbundesliga
(Ergebnisse auf schachbund.de)
SAMSTAG, 26. APRIL
10:00 Uhr – Konferenzraum „Klosterberg“, 4. Stock, Stadthotel Kolpinghaus
Mitgliederversammlung der Schachbundesliga e.V.
13:30 Uhr – Halle 2
Ehrung durch den BLSV
Otto Baumann überreicht dem SV Deggendorf eine Ehrenurkunde zum 100-jährigen Jubiläum
13:45 Uhr – Halle 2
Eintrag ins Gästebuch der Stadt mit:
- 2. Bürgermeister Günther Pammer
- Teamvertretern
- (Ex-)Weltmeistern und Vizeweltmeistern
- Präsidentin Lauterbach, Präsidenten Schäfer, Thorn und BLSV-Vertreter Baumann
14:00 Uhr – Halle 2
Runde 14 der Schachbundesliga
Runde 10 der Frauenbundesliga
(Ergebnisse auf schachbund.de)
SONNTAG, 27. APRIL
10:00 Uhr – Halle 2
Runde 15 der Schachbundesliga
Runde 11 der Frauenbundesliga
(Ergebnisse auf schachbund.de)
ab 14:00 Uhr – Halle 1 oder Foyer (tbc)
Mitgliederversammlung des Niederbayerischen Schachverbands
Leitung: Klaus Kreuzer
Wenn man Regeln einführt, dass Mannschaftsaufstellungen weit vor Spielbeginn gemacht werden müssen, dann wären die auch einzuhalten. Gründe wie Krankheit oder Anreiseprobleme können dann keine Rolle spielen, weil die niemand beurteilen kann. Ausreden gäbe es doch immer, z.B. der Spieler hat starke Kopfschmerzen. Tatsächlich wäre das aber auch möglich. Das würde dann zu kampflosen Partieverlusten führen. Wenn kurzfristig Änderungen erlaubt werden, wird die andere Mannschaft benachteiligt.
Ich halte schon die Frist von 2 Stunden vor dem Wettkampf für zu hoch. Das gibt es doch in keiner anderen Mannschaftssportart.
Natürlich gibt es zur Frage, wann wieviel von der Team-Aufstellung bekannt gegeben werden muss, ganz verschiedene Meinungen. Ich fände es kontraproduktiv, wenn schon halbe oder ganze Tage vorher alles bekannt sein müsste. Die aktuelle Regel mit “2 Stunden vorher” kommt mir sehr entgegen. Es ist dabei noch Spannung da, und wenn es am Samstag um 14 Uhr losgeht mit Heimkämpfen z.B. in Kirchweyhe und Wolfhagen, kann ich mir, während die Limosine mit laufendem Zündschlüssel vor dem Haus wartet, um 12 Uhr im Netz anschauen, ob etwa Carlsen in Kirchweyhe “aufläuft” oder Kramnik in Wolfhagen. Und dann wird entschieden, das Navi… Weiterlesen »
Das eigentlich skandalöse an dieser Saison ist die Wettbewerbsverzehrung, die letztlich vom Ausrichter mit begünstigt wurde:
(1) Die Vorverlegung von Runde 1+2 zu Gunsten von Düsseldorf war nicht ok. Jede Mannschaft muss gleiche Bedingungen haben. Deren Kader war groß genug um Ausfälle ggf zu kompensieren.
(2) Der Rückzug von Kiel hat dazu geführt, dass die Top-Teams in nominell schlechter Besetzung gegen HSK angetreten sind. Insbesondere Viernheim ist ohne ihre ersten 6 (darunter Stammkräfte wie (Mamedyarov, Maghsoodloo, Sarana) gegen HSK gespielt. Ist natürlich eigene Dummheit, hat aber die Meisterschaft entschieden, weil es Viernheims einzige Niederlage vor der Endrunde war.