Hans Niemann wusste zum Zeitpunkt seiner Absage längst um die Sicherheitsvorkehrungen beim Freestyle-Grand-Slam in Paris, der am Montag beginnt. Das erklärte jetzt Veranstalter Jan Henric Buettner im Interview mit der Schachplattform Take Take Take. Buettner gibt an, er habe Niemann frühzeitig erklärt, dass gerade wegen der scharfen Sicherheitsvorkehrungen seine Teilnahme in seinem Sinne sei. Niemann hat in den vergangenen Wochen mehrfach seine Vorfreude auf Paris betont und seine Dankbarkeit für die Einladung – bis er plötzlich verstummte und dann per E-Mail absagte: wegen “persönlicher Umstände” außerhalb seiner Kontrolle.
24 Stunden später ist die Lage diese: Niemann bleibt stumm (sein Mentor Vladimir Kramnik auch), und sein Rückzug bleibt rätselhaft. Buettners Aussagen erschüttern die Glaubwürdigkeit der Berichterstattung des größten norwegischen Fernsehsenders TV 2, auf der nicht nur der gestrige Bericht auf dieser Seite in weiten Teilen basiert. Auf Basis eines angeblichen “Nachrichtenaustauschs”, der dem Sender aus einer nicht genannten Quelle zugespielt worden sein soll, hat TV 2 die Meldung konstruiert, Niemann habe abgesagt, kurz nachdem er von den Sicherheitsvorkehrungen erfahren habe. Diese Darstellung dürfte falsch sein.
Was wirklich mit Hans Niemann los ist, welche Umstände er nicht unter Kontrolle hat, wird er selbst erklären müssen. Den Veranstaltern in Paris ist es gelungen, mit Nodirbek Abdusattorov kurzfristig einen sportlich mehr als adäquaten Ersatz zu finden. Der Usbeke wird am Montag ab 13 Uhr zum Auftakt der Vorrunde die schwarzen Steine gegen Vincent Keymer führen. Gute Nachricht für den deutschen Teilnehmer: Das Los hat ihm im Schnellschach-Rundenturnier mit allen zwölf Teilnehmern sechs Weißpartien beschert. Die ersten Acht der Vorrunde ziehen ins Viertelfinale ein.
Das Interview mit Jan Henric Buettner, redaktionell bearbeitet:
Herr Buettner, wie haben Sie vom Rückzug Hans Niemanns erfahren?
Das war tatsächlich erst vorgestern, in letzter Minute. Ich hatte Hans am Freitagabend gegen sieben Uhr eine WhatsApp geschrieben: „Wir sind schon hier – bist du auch da?“ Er hat die Nachricht gelesen, aber nicht geantwortet. Am Samstag habe ich ihm ein paar Videos geschickt, außen und innen vom Spielsaal, einfach um ihn zu erinnern, dass wir am Nachmittag verabredet sind: „Ich bin hier, wo bist du?“ Wieder kam keine Reaktion – nur eine der Nachrichten wurde geöffnet, mehr nicht.
Gab es danach noch Kontaktversuche?
Ja, ich habe ihn angerufen – erst über WhatsApp, dann regulär. Es hat durchgeklingelt, aber er ging nicht ran. Mailbox. Nichts. Am Abend kam dann unser Turnierdirektor Sebastian Siebrecht zu mir und sagte: „Schau dir das an, wir haben ein Riesenproblem.“ Es war eine E-Mail von Hans. Darin stand sinngemäß: „Aus persönlichen Gründen, die außerhalb meiner Kontrolle liegen, kann ich nicht teilnehmen.“ Mehr nicht.
Das war alles?
Ja. Ich habe ihm direkt zurückgeschrieben – drei Worte: „Call me now.“ Aber es kam keine Reaktion. Keine Antwort. Kein Anruf. Und das einen Tag vor unserem Mediatag, zwei Tage vor Turnierbeginn. Ehrlich gesagt: Mich interessieren Hans’ Gründe in dem Moment nicht mehr. Wir müssen das Turnier organisieren, wir brauchen zwölf Spieler. Egal was mit ihm los ist, es wäre allemal sinnvoller gewesen, sich zu melden, anstatt nicht zu reagieren und eine Verabredung nicht einzuhalten.
TV 2 hat spekuliert, es gebe einen Zusammenhang zwischen seinem Rückzug und den neuen Sicherheitsmaßnahmen. Können Sie das bestätigen?
Ich weiß nicht genau, wie der zeitliche Ablauf war. Was ich sagen kann: Ja, wir haben sehr strenge Sicherheitsmaßnahmen. Darüber habe ich sogar mit Hans frühzeitig gesprochen. Ich habe zu ihm gesagt: „Es ist in deinem Interesse, dass du hier spielst. Du willst deinen Namen reinwaschen, Klartext sprechen, die Gerüchte loswerden.“
Also wusste er von Sicherheitsvorkehrungen.
Ja, das war lange vorher Thema. Was wir genau machen, habe ich ihm natürlich nicht im Detail gesagt. Es gab ein technisches Dokument, das an die Spieler rausging, ich glaube ein paar Tage vorher. Da stehen einige Maßnahmen drin. Ob das nun der Auslöser war – keine Ahnung. Ich will da auch gar nicht spekulieren. Ich warte immer noch darauf, dass Hans eine richtige Erklärung gibt.
Zuerst sollte man bedenken, wie alt Niemann ist. Dann sollte man bedenken, welche Schxxxxe “wir” selbst in dem Alter manchmal gemacht haben. Anstatt auf Hans ohne Kenntnisse der wirklichen Gründe herumzuhacken und böswillig zu spekulieren, wünsche ich ihm, dass es nur eine altersbedingte Dummheit und kein persönliches Unglück die Ursache für das schockartige Verhalten sein mag. Wir sind alle nur Menschen und manche dieser kommentierenden und berichtenden Besserwisser und Spekulanten mangelt es offensichtlich an Achtsamkeit und Mitgefühl. Es gibt Momente im Leben, da reagiert man nicht so, wie es üblicherweise zu erwarten ist oder gut wäre. Hans wünsche ich alles… Weiterlesen »
Die bisherigen Kommentare gehen davon aus, dass die Darstellung von Buettner komplett stimmt. Das muss nicht zwingend der Fall sein, schließlich ist ja sowohl das norwegische Take Take Take als auch Perlen vom Bodensee “Heimspiel” für ihn. Nur Niemann wird unterstellt, dass er merkwürdig und nicht nachvollziehbar handelt. Wenn meine Spekulation zutreffen sollte – es war lange intern abgesprochen, dass Niemann kurzfristig absagt, soll aber geheim bleiben – werden wir das wohl nie erfahren. Und Firouzjas ebenfalls kurzfristige Absage wird nicht hinterfragt. Unabhängig davon: Niemann könnte seinen Namen ohnehin nicht “reinwaschen” – wenn er schlecht abschneidet heißt es “klar, hier… Weiterlesen »
Klingt nach persönlichen Gründen. Todesfall in der Familie, Herzinfarkt der Tante oder Ähnliches. Könnte auch sein, dass er selbst ein gesundheitliches Problem hat. Hier lohnt sich kein Spekulieren. Das Öl-Ins-Feuer-Gießen überlassen wir den Norwegern!
Niemann hat seine Freestyle Vorbereitung vergessen – das könnte mir auch passieren!