Josefine Heinemann sieht beim weiblichen deutschen Schachnachwuchs im internationalen Vergleich argen Aufholbedarf. „Die Decke an Talenten ist eher dünn“, sagt die Nationalspielerin im Interview mit neues deutschland. Zwar gebe es vielversprechende junge Spielerinnen wie Lisa Sickmann oder die Peglau-Zwillinge Charis und Dora – ob sie jedoch den Sprung an die Spitze schaffen, sei offen. „Viele hören nach dem Abi auf, weil Studium und Profischach schwer vereinbar sind.“

Nachwuchsförderung in Deutschland findet Heinemann unzureichend. Zwar existieren Programme zur Spitzenförderung, doch der Aufwand, im Schach sehr gut zu werden, sei teuer und die Schulpflicht oft hinderlich. „Man braucht viel Zeit und Geld – und Erfolg ist trotzdem nicht garantiert.“ Da viele junge Spielerinnen nach dem Abitur mit dem Schach aufhörten, sei es fraglich, ob die genannten drei oder andere Talente dereinst die Nationalmannschaft verstärken.
Heinemann stellt durchaus fest, dass mehr Geld ins Schach fließt denn je. Aber – esports-Olympiade, Freestyle – „das geht fast nur an die Topspieler“. Das gelte auch für Online-Turniere. Sie selbst könne von Preisgeldern nicht leben, sondern finanziere sich durch Schachunterricht und Youtube.
Zum Start der Europameisterschaft der Frauen auf Rhodos nennt Heinemann einen Platz unter den Top Ten als Ziel – dieser würde die lukrative Teilnahme am World Cup sichern. Nach drei Runden steht Heinemann bei zwei Punkten. Zwei Siegen zum Auftakt folgte eine Niederlage. In der vierten Runde am Donnerstag wird sie hohe Favoritin gegen die Lettin Madara Golsta (Elo 1979) sein.
Auch die drei anderen deutschen Teilnehmerinnen stehen bei zwei Punkten. Im deutsch-deutschen Duell der vierten Runde trifft Fiona Sieber auf Dinara Wagner. Derweil steht Jana Schneider vor der schwierigen Aufgabe, sich gegen die ukrainische GM Anna Ushenina zu behaupten.
Während Heinemann die Europameisterschaft spielt, verfolgt sie die Weltmeisterschaft zwischen Ju Wenjun und Tan Zonghyi, beide aus China. Ju sei erfahrener und konstanter, so Heinemann, während Tan manchmal zu viel wolle. Die Dominanz chinesischer Spielerinnen erklärt Heinemann mit einem offenbar stark strukturierten Ausbildungssystem. Details seien kaum bekannt, doch Internate und frühe Förderung scheinen eine Rolle zu spielen.
Vor 60 Jahren war die Decke an Talenten noch viel dünner. Zufällig bin ich heute Morgen durch die Recherche eines wissbegierigen Schachfreunds auf die offizielle(!) Berichterstattung über ein Frauenturnier gestoßen. Es handelt sich um die Niedersachsenmeisterschaften, die 1964 in Lüchow ausgetragen wurden. Hier ein Auszug: „Nicht sehr gut bestellt ist es leider um die Damen. Mit nur vier Spielerinnen war das TURNIER der DAMEN schwach, ach, viel zu schwach besetzt! […] Fräulein H. aus W., ein noch blutjunges, sehr bescheidenes Mädchen, erreichte zwar nur 1,5 Punkte, aber sie muss dann nur einmal richtig in die Geheimnisse unseres Spieles eingeweiht werden.… Weiterlesen »
Sie bringt es gut auf den Punkt: E-sport, Freestyle & Co lassen die Preisgelder an der Spitze explodieren. Dem Sport bringt das gar nichts. Weder der Breite noch dem Nachwuchs.
Erinnert mich ein wenig an die UEFA, die das meiste Geld in die Spitzenclubs pumpt (Prämien in der Championsleague) und damit nur den Abstand zwischen Mittelbau und Spitze vergrößert …
Nachwuchsförderung in Deutschland findet Heinemann unzureichend.
Woran liegt das nur ?
Welche Sportart hat eine dicke Decke von Talenten. Unsere Mäzen, Sponsoren, sowie die Einkäufer der Schach-Ligen bevorzugen günstige Spieler. Außerdem haben sich die Schachligen relativ aufgeplustert das es ohne fertige Spieler (Legionäre) nicht mehr geht.