Die Schachverbände Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Bremen und Hamburg fusionieren zum “Nordwestdeutschen Schachbund”. Das geht aus Sitzungsprotokollen der Verbände hervor, die dieser Seite vorliegen. Auf Anfrage bestätigten die vier Verbandspräsidenten die Vereinigung. Der neue Nordwestdeutsche Schachbund soll seinen Sitz im künftigen Schachzentrum Weissenhaus haben. Das bisherige Luxusresort an der Ostsee wird dem Nordwestdeutschen Schachbund als repräsentative Geschäftsstelle, Veranstaltungsort und Trainingszentrum dienen.
Solvente Schachfreunde aus dem norddeutschen Raum, darunter die als “Schachgruppe Burgwedel” bekannte Allianz aus Dirk Roßmann, Raoul Roßmann und Martin Kind, tragen federführend den Erwerb des Ensembles, das, wie berichtet, zuletzt für 185 Millionen Euro zum Verkauf stand. Neben der Kind-Gruppe und dem Rossmann-Konzern sind die niedersächsische Lotto-Sport-Stiftung und NSV-Ausrüster Macron Teil des Konsortiums, das Weissenhaus erwirbt. Außerdem fließen EU-Fördermittel.
Die vier Verbände steuern für ihren neuen Sitz einen kleinen Teil zum Kaufpreis bei. Dafür erhalten sie umfassende Nutzungsrechte – und müssen Pflichten erfüllen. Regelmäßig müssen sie in Weissenhaus Schach- und Bildungsangebote machen, darunter überregionale Jugendcamps, jährlich ein internationales Einladungsturnier sowie zentrale Traineraus- und -fortbildungen. Darüber hinaus müssen die Verbände einen Beitrag zur inhaltlichen Weiterentwicklung des Resorts leisten. Sie sind verpflichtet, den Betrieb durch eigene Veranstaltungen zu beleben. Ein jährlicher Nutzungsbericht soll dem Förderkonsortium vorgelegt werden.
“Es war eine historische Gelegenheit, die wir im Sinne des Schachsports ergreifen mussten”, sagt Michael S. Langer, Präsident des Niedersächsischen Schachverbands. Langer ist einer von vier Interims-Co-Präsidenten des neuen Nordwestdeutschen Schachbunds (NWDSB), unter dessen Dach gut 12.000 Mitglieder organisiert sein werden. Gemeinsam mit Langer führen Dirk Martens (Schleswig-Holstein), Dr. Oliver Höpfner (Bremen) und Klaus-Jürgen Herlan (Hamburg) den Verband bis zur Wahl eines regulären Präsidenten. Diese ist im Rahmen der für den 21. Juni 2025 geplanten Gründungsversammlung in Hannover vorgesehen. Stimmberechtigt sind die Bezirksdelegierten der vier bisherigen Landesverbände.

Vorschläge für das neue Amt können bis zwei Wochen vor dem Termin beim Wahlkomitee eingereicht werden. Der gewählte Präsident übernimmt im Anschluss die Leitung des NWDSB, während die bisherigen Präsidenten in den Regionalbereichen eingebunden bleiben. Die Gebiete der vier Landesverbände bleiben als Regionalbereiche des Nordwestdeutschen Schachbunds bestehen.
Ziel des Zusammenschlusses sei es, Strukturen zu bündeln, Ressourcen effizienter zu nutzen und dem Schach im Norden eine starke gemeinsame Stimme zu verleihen. “Die Förderzusage aus Brüssel für das Weissenhaus-Projekt war der letzte Impuls, den es für die Einigung brauchte”, sagt Herlan. Für das Konsortium und die vier Verbände drängte zuletzt die Zeit, nachdem Eigentümer Jan Henric Buettner das Resort beim Auktionshaus Sotheby’s zum Verkauf angeboten hatte.
DSB-Präsidentin Ingrid Lauterbach äußerte sich auf Anfrage zur Fusion: “Diese Entwicklung kam für uns überraschend, aber wir wünschen dem Nordwestdeutschen Schachbund viel Erfolg. Wenn daraus starke Impulse für den Schachsport entstehen, ist das für alle ein Gewinn.”
Das Resort Weissenhaus, bisher bekannt als eines der exklusivsten Hideaways Europas, wird in den kommenden Monaten nur in einzelnen Bereichen angepasst. Ihr charakteristisches, naturnahes Gesicht soll die aufwändig wiederhergestellte und modernisierte Anlage weitgehend behalten. Im Mittelpunkt der Gespräche steht derzeit die Aufteilung des weitläufigen Areals: Wer nutzt welche Gebäude und Flächen, insbesondere das zentrale Schloss, das künftig sowohl für Repräsentationszwecke wie als Veranstaltungsort dienen könnte?
Die beteiligten Förderer und Verbände erarbeiten ein Nutzungskonzept, das Synergien ermöglichen und Überschneidungen vermeiden soll. Künftig sollen in Teilen des Areals Turniere stattfinden, Trainingslager, Empfänge, Fortbildungen sowie Verbandsversammlungen. Vorgesehen ist auch die Einrichtung einer festen Live-Streaming-Infrastruktur. “Wir werden hier ein Schachzentrum schaffen, das deutschlandweit und vielleicht sogar international Standards setzt”, erklärt Dirk Martens.
Den Hotel- und Restaurantbetrieb will das Investor-Konsortium dem Vernehmen nach zumindest in Teilen fortführen, ebenso stehen Vermietung oder Weiterverkauf einzelner Gebäudeteile zur Diskussion. Gespräche mit den Profi-Fußballclubs Hannover 96, Hamburger SV, Werder Bremen und Holstein Kiel über eine gemeinsame Nutzung als Sporttrainingszentrum seien schon angebahnt, heißt es. Auch der Niedersächsische Tennisverband soll Interesse bekundet haben.
Die rund drei Kilometer Ostseestrand, die zum Areal gehören, sollen in Teilen kommerziell erschlossen werden. Geplant ist unter anderem ein exklusiver Clubbereich mit Beachvolleyballfeldern, Gastronomie und Wellness-Angeboten für Partner, Gäste und Sponsoren. Weitere Strandabschnitte könnten saisonal verpachtet oder für öffentliche Veranstaltungen genutzt werden. Auch Überlegungen zur Einrichtung einer „Schach am Meer“-Arena laufen. Martens hat eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben.

Den Anstoß zu dem ambitionierten, bislang vor der Öffentlichkeit verborgenen Projekt gab offenbar schon im Februar 2024 eine Begegnung zwischen dem bisherigen Eigentümer Jan Henric Buettner und NSV-Präsident Langer bei einem Empfang im Rahmen des ersten Freestyle-Turniers in Weissenhaus. Buettner, dem Schachsport zugetan, zeigte sich offen für Gespräche und stellte den schon für Mai 2024 geplanten Verkauf des Resorts (siehe dieser Bericht) via Sotheby’s zurück. Informelle Runden folgten im Lauf des Jahres 2024, die formale Gründung der Arbeitsgruppe zur Umsetzung im Herbst.
Dr. Oliver Höpfner betont die Professionalität der Gespräche: “Innerhalb weniger Wochen war klar: Wir können diesen Kauf möglich machen, wenn wir gemeinsam auftreten.” Die Finanzierungsstruktur sieht vor, dass die vier Schachverbände nur einen geringen Anteil der Kaufsumme beisteuern. Die Hauptlast trägt das Konsortium von Unternehmern und Förderern, die im Gegenzug Nutzungsrechte erhalten und künftig jeglichen Geschäftsbetrieb auf dem Areal übernehmen. Die kommerzielle Nutzung, etwa durch den Hotel- und Gastronomiebetrieb sowie mögliche Vermietung und Verpachtung von Flächen, liegt vollständig in ihrer Verantwortung. Darüber hinaus stehen ihnen eigene Räumlichkeiten zur Verfügung, deren Nutzung nicht an schachspezifische Zwecke gebunden ist.

“Es wird hier kein öffentliches Geld verbrannt. Im Gegenteil: Der Nordwestdeutsche Schachbund erhält Zugang zu einer weltweit einzigartigen, repräsentativen Anlage, ohne sich zu verschulden”, sagt der einstige DSB-Schatzmeister Langer. Der laufende Betrieb des Resorts werde zu großen Teilen von den Partnern getragen. Der Zeitplan sieht vor, dass erste Veranstaltungen des neuen Verbands bereits im Herbst 2025 in Weissenhaus stattfinden. Im Frühjahr 2026 sollen Geschäftsstelle und Schachzentrum dann offiziell eröffnet werden. “Wir stehen vor einer historischen Zäsur”, sagt Langer. “Das ist ein Aufbruch für den Schachsport im Nordwesten und darüber hinaus.”
Den Schachpolitiker aus Braunschweig, im Landessportbund, im NDR-Rundfunkrat und bei den Grünen engagiert, will im Zuge der Gründung des Nordwestdeutschen Schachbunds eine geopolitische Initiative starten, die darauf abzielt, die Ostsee in Nordsee umzubenennen. Mit der Schach-Initiative habe das nur insofern zu tun, als sich der Burgwedeler Schachfreund und ehemalige Bundespräsident Christian Wulff dem Vorhaben angeschlossen habe.
“Im Wesentlichen handelt es sich um einen Akt nordwestdeutscher Identität”, sagt Langer. Nebenbei sei offensichtlich, dass die sogenannte Ostsee im Norden liege. Er und Wulff wollen in den kommenden Wochen Lobbyarbeit für ihren Vorstoß betreiben und über Parteifreunde bei der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz einen entsprechenden Antrag einbringen.

Ich muss zugeben, ich hab‘s fast bis zum Schluss ernst genommen. Nur das mit der Ostsee war dann doch zu plump.
Wohl eine gute Sache. Aber der Name “Nordwestdeutscher Schachbund” ist unglücklich gewählt. NRW ist ja nicht dabei. Vielleicht wäre “Norddeutscher Schachbund” besser, wie vor fast 20 Jahren “Nordkirche”.
Fusionen liegen im Trend:
https://schachverein-horrem.de/fusion-mit-dem-sv-huerth-berrenrath-zum-sv-hueho-rhein-erft
Eine Fusion von kleinen mini Verbände und neuer Regierungssitz wäre tatsächlich erstrebenswert.
Allerdings würden dann auch wichtige Posten(Präsidenten, Direktoren) wegfallen, von daher schon unmöglich.
Frage an die Fachleute: Müsste der neue Verband dann der NATO-NORD
beitreten ?