Warum hier so selten etwas über den Haushalt des Schachverbands NRW (der sich, aufgeblasen?, “Schachbund” nennt) steht? Das hat mit einem Phänomen zu tun, das sich “Qual der Wahl” nennt. Das Zahlenwerk, nach dem sich das Vermögen des Verbands auf rund 500.000 Euro beziffern lässt, beinhaltet abseits der phänomenalen Zahl unterm Strich so viele Highlights, welches soll man da herausgreifen? Vielleicht heute mal dieses: Beim jährlichen Budget für die Öffentlichkeitsarbeit (100 Euro, 2024) haben die Verantwortlichen der nordrhein-westfälischen Schachverwaltung Sparpotenzial gefunden. 2025 hat der Verband das Budget auf 70 Euro gesenkt.
Prognose: Auf die Wahrnehmbarkeit und das Image wird sich das nicht negativ auswirken, beides wird bleiben, wie es ist. Ein schlauer Zug also, dem ohne weiteres der nächste folgen könnte. 70 Euro Sparpotenzial liegen noch brach. Sie ließen sich ausschöpfen, auch hinsichtlich der zu erwartenden “erheblichen Kostensteigerungen“, ohne dass es negative Folgen für die größte und wichtigste unserer Landesschachverwaltungen hätte. Die Schachverwaltungsanfänger in Sachsen-Anhalt mögen sich daran orientieren. Anstatt das Guthaben zu mehren, werden in Magdeburg jetzt einfach so Leute angestellt (und auch noch bezahlt!). Wohin sollen derartige Exzesse führen?
Auf Bundesebene war NRW-Schachverwaltungsleiter Ralf Chadt-Rausch bislang vor allem als Paragrafenfuchs bekannt. Sobald der Deutsche Schachbund seinen (zwei)jährlichen gestalterischen Tiefpunkt erreicht, sie nennen ihn “DSB-Kongress”, glänzt Chadt-Rausch als derjenige, der demonstriert, wie man Leuten einen reinwürgen kann, ohne mit seinem Namen dafür stehen zu müssen: erst geheime Wahl beantragen, dann reinwürgen, und hinterher weiß zwar jeder, wer es gewesen ist, aber es wird eben nicht aktenkundig.
Diese ausgefuchste Methode hat den DSB-Gestaltungschef Guido Springer inspiriert, sodass er sie jetzt beim Deutschen Schachbund zur Regel machen möchte. Über viele Monate hat sich Springer mit einer Reihe von Visionären weggeschlossen, um unserem Schachbund (der heißt zu Recht so) abseits seiner 20 Ordnungswerke (wahrscheinlich bald 21, dem DSB fehlt bitterlich eine Spielgenehmigungsordnung, aber dieser Missstand wird jetzt abgestellt) eine neue Satzung zu geben. Darin soll unter anderem festgezurrt werden, dass bei Abstimmungen künftig generell niemand mehr mit seinem Namen für irgendetwas stehen muss. Auch das eine ausgefuchste Idee, vor allem für Leute, die Bockmist beschließen, aber (sorry für den Schlenker) eine andere Geschichte (die hier voraussichtlich vor dem für den 31. Mai angesetzten gestalterischen DSB-Tiefpunkt 2025 neu aufgegriffen wird).
Chadt-Rausch jedenfalls wird auf Bundesebene (darum wahrscheinlich “Schachbund”?) abseits seiner Paragrafenvirtuosität jetzt zunehmend gestalterisch tätig. Zuletzt hat er den Bundesschachbeamten wertvolle IT-Impulse geliefert, nun nimmt er sich des Bundesspielbetriebs an (und steht sogar mit seinem Namen dafür). Sein Vorschlag: Deutschen Einzelpokal abschaffen!
Aus NRW-Sicht wäre das nur konsequent. Der größte Landesverband ist längst vorangegangen, indem er seine Landesmeisterschaft de facto abgeschafft hat. Die Schach-Macher zwischen Bielefeld und Bonn bewegen nicht Wald-und-Wiesen-Turniere, sondern eine für den gesamten organisierten Sport substanzielle, ja, existenzielle Frage: “…wie man Schach attraktiver macht und neue Zielgruppen erschließt.” So steht es im Pokal-Abschaffen-Papier. Dem Vernehmen nach haben der NRW-Vorstand, Jan Henric Buettner und Levy Rozman jetzt eine Signal-Chatgruppe gegründet, um dieses Thema gemeinsam auf Expertenlevel zu beleuchten und einander zu inspirieren.


Den jetzt beim NRW-LandesverwaltungsBundeskongress in Rösrath versammelten Delegierten kommt man besser nicht mit Visionen, das könnte einen Kulturschock auslösen. Auf seinem Hometurf präsentierte sich der größte Landesverband des deutschen Schachs als das, was er schon lange ist und was die Leute kennen: verwaltungsstark, routiniert, finanziell gut aufgestellt – und ansonsten weitgehend ideenfrei.
Nach all den Jahren ist der anonyme Autor dieser Zeilen im Angesicht der ergrauten, in Selbstverwaltung verharrenden Hoffnungslosigkeit längst müde, über Schachverwaltungsvorgänge zu berichten. Diese Zeilen hat er aus aktuellem Anlass trotzdem noch runtergerotzt, aber übergibt nun an einen anderen anonymen Autor, der im Internet unter dem Pseudonym @seitenschach als Kenner des NRW-Schachs auftritt – und im Kleingedruckten seines Bluesky-Profils seine Identität offenbart. Holger Hank hat sich in einem zehnteiligen Beitrag jetzt ausführlich dem NRW-LandesverwaltungsBundeskongress in Rösrath gewidmet.
Seinen Ausführungen zufolge kann man kann dem Präsidium (der doppelt besetzten Kassenwart-Funktion sei Dank) nicht vorwerfen, die Kasse nicht im Griff zu haben. Die Finanzen sind solide, ein mittlerer sechsstelliger Betrag ruht als Rücklage auf dem Konto. Statt diese Mittel zu nutzen, um etwas zu bewegen, dominiere Sicherheitsdenken, das mit „vorausschauender Rücklagenpolitik“ etikettiert wird. Die Beitragsstabilität stehe im Vordergrund, heißt es. Nur: Wofür wird gespart, wenn gleichzeitig Ligen schrumpfen, Vereine sich auflösen und der Boom an den NRW-Vereinen vorbeizieht?
NRW steht für „routiniertes Funktionieren im Verborgenen“, findet Hank. Das könnte man als Kompliment verstehen, wäre es nicht auch Ausdruck einer politischen Lethargie. Während andere Landesverbände wachsen, Innovationen fördern und strukturell investieren, scheint man sich in NRW mit dem Status quo zu begnügen – auch personell: Das alte Präsidium ist das neue, Veränderung findet nicht statt.
Das Ligensystem auf Landesebene wurde in NRW ausgeweitet – auf Kosten der Verbands- und Bezirksligen. Die Folge: Der Spielbetrieb in der Fläche schrumpft, Mannschaften geben auf, ganze Vereine verschwinden. Ein Teufelskreis, der zwar im Bericht erwähnt wird, aber keine erkennbaren Konsequenzen nach sich zieht. Statt Strategien zur Mitgliedergewinnung oder Unterstützung für die Basis zu diskutieren, werden Detailfragen zur Ersatzspielerregelung abgehandelt.
Ideen? Fehlanzeige. Strukturelle Förderung der Vereine? Kein Thema. Nachwuchsarbeit? Wird an die Schachjugend delegiert, mit dem vagen Hinweis, man könne ja „Puffer“ bereitstellen. Dabei ist der neue Schachjugendchef in NRW (Hey Finn, Interview kommt!) zu Hause. Es wäre die perfekte Gelegenheit, gemeinsam mit ihm mutige Konzepte zu entwickeln – wenn man denn wollte.
Apropos Vision: Die Genderbilanz des Kongresses ist verheerend. Holger Hank hat die beim Kongress vertretenen Frauen gezählt. Das Ergebnis: zwei. Thematisiert wurde das nicht. Stattdessen lobte man sich gegenseitig für die große Einigkeit. Wäre stattdessen vielleicht ein wenig Reibung genau das, was der VerbandBund nötig hätte?

Strukturen bröckeln, Ideen fehlen, selbstkritische Debatten werden durch Selbstzufriedenheit ersetzt. Gute Nacht, NRW.
Ralf Chadt-Rausch ist das klassische Beispiel für einen nur aufgrund von persönlichen Motiven agierenden Schachfunktionär, dem es praktisch nie um die Sache geht. Ein Beispiel von sehr vielen: Ralf Chadt-Rausch war Mitglied der Kommission, die sich zum Ziel gesetzt hatte, eine Beitragsordnung zu entwerfen. Als der entsprechende Antrag fertiggestellt war, hat er sich vehement gegen die Einführung einer solchen Ordnung ausgesprochen. Auf die Nachfrage, warum er seine Bedenken nicht vorher geäußert hätte und wie die Ordnung denn aussehen müsste, damit er zustimmen würde, lautete seine Antwort sinngemäß: Ihr könnt in die Ordnung schreiben, was Ihr wollt, ich bin sowieso dagegen.… Weiterlesen »
Danke für die Zeilen. Erfreulich mal ein paar Innenansichten zu diesem Verband zu erhalten. Von außen sah es immer nur so aus, als wären die unsolide und gemeinnützigkeitsgefährdende Schachjugend und hohe Trainerkosten Hauptgrund für die Sparsamkeit. Einschließlich der Abschaffung der (ehemals auch inhaltlich aktiven) Geschäftsführung und der immensen Rücklagenbildung zwecks Rettung des DSB. Doch nicht etwa gegen Einfluss? Aber es wirkt plausibel auf das bevölkerungsreiche Rhein-Ruhrgebiet und die selbstfinanzierenden Schulschach-AGs zu setzen, ohne die Vereine oder Bezirke in ihrem Spielbetrieb zu unterstützen. Erhalt des Status Quo seit über 20 Jahren. Allein: In dem Bericht fehlen Aussagen über die ganzen Seilschaften,… Weiterlesen »
“Ja, wer mag das geschrieben haben?” (Conrad) Ich war es nicht, war auch nicht vor Ort. Holger, warst Du tatsächlich da? Ich blicke eher resignierend gen Duisburg. Diverse Ideen sind versickert, die Arbeitstagungen anlässlich des Kongress waren zumindest in der Vergangenheit aus meiner Sicht eher Alibiveranstaltungen, weil nach meinem Kenntnisstand auch dort danach nichts konstruktiv angegangen wurde. Konzentriere mich deshalb auf die Jugendarbeit in zwei Vereinen und einigen Schulen. Dort kann ich noch messbar etwas bewegen. “Das Ligensystem auf Landesebene wurde in NRW ausgeweitet – auf Kosten der Verbands- und Bezirksligen.” (Artikel) Ich habe mir damals, zur Einführung der NRW-Klassen… Weiterlesen »
Ich habe früher für die Süddeutsche und den Merkur im Landkreisteil geschrieben. Die Devise damals: Anonyme Briefe gehören in den Mülleimer. Meiner Meinung anonyme Beiträge auch! Ich bin prinzipiell gegen anonyme Artikel, erst recht gegen anonyme Beiträge. PS: Geld muss fließen!
Vielleicht wohne ich etwas zu weit weg, aber ich bin mir nicht sicher, wie wichtig die Landesmeisterschaft von NRW ist. Weder für den Breitensport noch für die Profis erschließt sich mir hier keine besondere Bedeutung. Auch nicht bei einer Verzehnfachung des Preisgelds.
Problematisch finde ich die überaus provinzielle Sichtweise. Wozu Landesverbände mit eigenen Marketingbudgets und eigenen Meisterschaften, die doch lediglich Amateure anlocken? – Und diese Amateuere sind ohnehin am falschen Dampfer, wenn sie das Geld als Anreiz brauchen.
Meine Sicht auf die Probleme ist eine etwas andere. Dem Schachbund NRW geht es wie vielen anderen Institutionen: es fehlen begeisterte Freiwillige für die Ehrenämter. Und die, die es machen, tun es in erster Linie aus Pflichtgefühl. Ist schade, aber ist so.
Ingo Althöfer.
Stabile Mitgliederentwicklung und solide Finanzen Das Präsidium des Schachbundes NRW erläutert gern ein paar Hintergründe zum Kongress: 1. Besonders in unsicheren Zeiten für die Ehrenamts- und damit für die Vereinsarbeit, hat das Präsidium satzungsgemäß u.a. die Aufgabe, – den fairen Schachsport auf allen Ebenen zu fördern und zu verbreiten, – ehrenamtlich Tätige aus- und weiterzubilden, – Meisterschaften durchzuführen, – die Jugend zu fördern, z. B. im Bereich Schulschach und durch Unterstützung der Jugendorganisationen Genau diese Kernaufgaben werden substanziell und erfolgreich gemeinsam mit den bei einem Bundeskongress vertretenen Verbänden und Bezirken umgesetzt. 2. Das „Vermögen“ des Schachbundes – es ist in Wahrheit das Vermögen… Weiterlesen »