Matthias Blübaum ist Europameister 2025. Ein Remis in der Schlussrunde der Europameisterschaft reichte dem deutschen Großmeister zum Titel in einem Foto-Finish. Einen Buchholzpunkt lag er am Ende vor seinem Landsmann Frederik Svane, der die Silbermedaille gewann. Nach seinem EM-Triumph 2022 hat Blübaum den Europatitel jetzt ein zweites Mal gewonnen. Der 27-Jährige ist der erste Spieler überhaupt, dem es gelingt, die Europameisterschaft zwei Mal zu gewinnen. Mit dem Sieg über ein Feld von 375 Spielerinnen und Spielern sicherte sich Blübaum auch die Qualifikation für den World Cup 2025.


Als Führender hatte Matthias Blübaum in der letzten Runde sein Turnierschicksal in der Hand: ein Weißsieg über den WM-Kandidaten 2024 Nijat Abasov, und niemand hätte ihm den ersten Platz streitig machen können. Nur der gleichauf liegende Daniil Yuffa hätte nach Punkten gleichziehen können, aber da Blübaum den direkten Vergleich gegen Yuffa gewonnen hatte, wäre es ein Wertungssieg geworden.
Stattdessen gab es Matthias Blübaum aus der Hand. Mit dem fünften Zug sandte er ein Remisangebot übers Brett, das Abasov annahm. Damit eröffnete er den Verfolgern mit 7,5/10 die Möglichkeit gleichzuziehen, sodass die Buchholz-Wertung entscheiden würde. Auch hier standen die Chancen für den das Turnier über ganz oben spielenden Blübaum gut, aber eben nicht mehr als das. Nicht zuletzt war das Szenario möglich, dass am ersten Brett Daniil Yuffa gegen Frederik Svane gewinnt. In diesem Fall würde der Spanier mit einem halben Punkt Vorsprung vor Blübaum Europameister werden.
Frederik Svane hatte ein ganz anderes Szenario im Sinn. Mit den weißen Steinen führte er ein schwer durchschaubares Winawer-Gefecht gegen Yuffa. Als beide Seiten kaum Fortschritte machen konnten und ein Remis per Zugwiederholung möglich war, hätte er das Remis nehmen, sich eine Top-Platzierung und Matthias Blübaum den Europameistertitel sichern können.

Aber Svane wollte gewinnen, entkorkte ein semi-halbseidenes Bauernopfer, um Fortschritte zu erzwingen. Objektiv bzw. nach Maschinen-Maßstäben war das nicht gut. Kurzzeitig rutschte die Engine-Leiste in den Keller, und dann kam auch noch Zeitnot dazu. Mit einmal einer Sekunde auf der Uhr überstand Svane auch das – und wurde für den Kampfgeist eines Champions schließlich mit dem Szenario belohnt, das ihm vorgeschwebt hatte: 8,5/11, gleichauf mit Matthias Blübaum.

Damit stand die Wertungsfrage im Raum. Selbige stellte auch der israelische Großmeister Maxim Rodhstein, der den Armenier Shant Sargsyan niedergerungen hatte. Blübaum, Svane, Rodhstein lagen nach elf Runden gleichauf, und es war das beim Schach typische Szenario eingetreten: Das Spiel ist aus, und niemand weiß, wer gewonnen hat. Bei ECU-TV gab es nicht die Auflösung, stattdessen Schachdeutschland-TV-Vibes. Die Übertragung endete, der Bildschirm wurde schwarz, als es am spannendsten war. Ja, wer ist denn nun Europameister?
40 Minuten vergingen, bis alle Buchhölzer zusammengezählt waren und das Ergebnis offiziell: Blübaum Europameister, Silber für Svane, Bronze für Rodhstein. Frederik Svane kann damit leben. Nachdem er in der letzten Runde den Kampfgeist eines Champions demonstriert hatte, zeigte er die Größe eines solchen: “Matthias hat den Titel verdient. Er hat das ganze Turnier über vorne gespielt”, sagte Svane schon, als er selbst noch im Rennen um den Titel war. Die punktgleichen Blübaum, Svane und Rodhstein gewinnen jeweils 15.000 Euro Preisgeld.
Noch ein erfreuliches Resultat: Niclas Huschenbeth, Rang 24 mit 7,5 Punkten, hat die Qualifikation für den World Cup geschafft. Das bestätigte er nach der elften Runde auf Anfrage dieser Seite. Alexander Donchenko und Rasmus Svane, jeweils 7,5 Punkte, Rang 27 und 29, werden ihre Platzierung verschmerzen können. Beide sind schon für den World Cup qualifiziert. Enttäuscht werden Dmitrij Kollars und Roven Vogel sein. Kollars war nach zwei Dritteln des Turniers ausgeschieden. Vogel, einstiger U16-Weltmeister, hat nach seinem jüngsten Leistungssprung an der Qualifikation gekratzt, fiel aber nach einer Niederlage in der Schlussrunde auf Rang 44 mit 7 Punkten zurück.
Mit dem Doppelsieg in Eforie Nord hat der heimische Spitzensport nach Team-EM-Silber und Vincent Keymers Freestyle-Triumph ein weiteres starkes Zeichen ausgesandt, auch ein Zeichen, welches Potenzial in der nationalen Spitze schlummert. Am 4. Oktober beginnt in Batumi, Georgien, die Mannschaftseuropameisterschaft.
EM-Bericht bei chess.com mit kommentierten Partien
Bärenstark von Matthias das Turnier zum zweiten Mal zu gewinnen! Aber auch großes Hut Ab vor Frederick, der in zwei aufeinanderfolgenden EM immer aufs Treppchen kam mit Tendenz nach ganz oben im nächsten Jahr!
Hat Huschenbeth sich für den Weltcup qualifiziert? Nach anderen Quellen (Schachbund und chess.com) haben sich die besten 20 qualifiziert. Wenn ich niemand übersehen habe waren von den top20 nur Frederik Svane (Dritter 2024) und Yuffa (Siebter 2024) bereits qualifiziert – alle anderen aus der top20 des Vorjahrs spielten entweder diesmal nicht mit oder landeten (u.a. Rasmus Svane und Donchenko) nicht unter den besten 20. Demnach würden der 21. Martirosyan und der 22. Ivan Saric nachrücken, und Huschenbeth hätte sehr knapp (zweite Buchholz-Wertung) das Nachsehen. Klar ist, dass sich aus Europa insgesamt 41 qualifizieren – 20+20 aus den beiden Europameisterschaften und… Weiterlesen »
Ein überraschender und toller Erfolg für Matthias Blübaum und Frederik
Svane. Matthias` superschnelles Remisangebot mit Weiß im 5. Zug gab mir allerdings Rätsel auf. Hätte in der anderen Spitzen-Partie Yuffa Frederik besiegt, wäre es Aus gewesen mit dem EM-Titel. Auch so wurde es eng.
Ein “Buch-Hölzchen” Vorsprung reichte zum EM-Titel. Zur guten Turnier-Performance gesellte sich am Schluss das Glück dazu.
Interessant zu sehen, dass gerade mal die Hälfte der top 10 der Europameisterschaft aus Europa kommt.
Man sollte Schach wirklich transparenter machen, damit JEDER die wichtigen Fragen schnell beantworten kann:
Selbst in diesem Artikel sind immer noch Fehler: Bei einem Remis von F. Svane in der letzten Runde wäre nicht Blübaum Europameister geworden, sondern Juffa – in einem Buchholz-Tiebreak mit Blübaum und Rodshtein. Das zeigt außerdem, dass Matthias’ Strategie mit dem schnellen Remis äußerst fragwürdig war. Vielleicht blicken die Spieler selber nicht so richtig durch? Außerdem: Alexander wurde 31., Rasmus 33. …