Erstmals seit 125 Jahren wird die Deutsche Meisterschaft wieder in München ausgetragen. Und zum ersten Mal nach dem jahrelangen Durcheinander von „Masters“ und „Meisterschaft“ sind die Deutschen Meisterschaften wieder ein Wettbewerb, der diesen Namen verdient. Angeführt von Vincent Keymer und Dinara Wagner, wird fast die komplette nationale Elite in zwei Rundenturnieren mit jeweils zehn Teilnehmer:innen vom 14. bis 24. Mai im Veranstaltungszentrum „Fat Cat“ am Start sein. Das hat jetzt der DSB mitgeteilt.

Keymer hatte gegenüber dem Verband um Bedenkzeit gebeten und Mitte Februar schließlich zugesagt. Seine Teilnahme kommt ein wenig überraschend. Zuletzt 2022 in Magdeburg hat er beim „Masters“ mitgespielt. Er siegte ungeschlagen mit 7 Punkten aus 9 Partien. Zumindest einmal habe er die nationalen Titelkämpfe für sich entscheiden wollen, sagte Keymer hinterher – und gab sich skeptisch hinsichtlich künftiger Teilnahmen: Dazu werde es nur kommen, wenn der nominelle Abstand zwischen ihm und dem Rest des Feldes nicht zu groß ist.
2022 war auch das Jahr, in dem Weltverband den „FIDE Circuit“ einführte, ein neuer Pfad ins Kandidatenturnier, basierend auf den Turnierergebnissen eines Jahres inklusive des Abschneidens bei der nationalen Meisterschaft – die es in Deutschland nicht gab. Ende 2022 sah der Kongress des Deutschen Schachbunds trotzdem keinen Anlass, dem deutschen Schach eine sportlich relevante Einzelmeisterschaft und dem besten Deutschen Chancengleichheit im Kampf um die Weltmeisterschaft zu bescheren. Der entsprechende Antrag des Berliner Landesverbandspräsidenten Paul Meyer-Dunker wurde abgelehnt.
Erst im Jahr danach rang sich der Kongress durch, einen neuerlichen Antrag zur Deutschen Meisterschaft von Meyer-Dunker und dessen niedersäschsischen Amtskollegen Michael S. Langer anzunehmen. 2024 in Ruit gab es erstmals wieder eine richtige Deutsche Meisterschaft. Keymer fehlte, Dmitrij Kollars gewann. Der Bremer wird seinen Titel im Mai 2025 nicht verteidigen. Aufgrund seines engen Turnierplans habe er abgesagt, teilt DSB-Sprecher Matthias Wolf auf Anfrage dieser Seite mit. Wer nachrückt, stehe noch nicht fest.
2025 sieht Vincent Keymer als für seine Karriere richtungweisendes Jahr, in dem er zwei große Ziele verfolgt: ein möglichst gutes Abschneiden beim Freestyle-Grand-Slam und die Qualifikation fürs Kandidatenturnier 2026. Letzteres kann der 20-Jährige entweder über den World Cup schaffen, über das Grand Swiss oder eben durch einen Sieg in der FIDE-Turnierwertung. Dass die Deutsche Meisterschaft 2025 für den FIDE-Circuit zählt, habe den Ausschlag für seine Zusage gegeben, ist aus Keymers Umfeld zu hören.
In diesem Jahr haben mit dem Ende des Meister-Master-Durcheinanders erstmals auch die Frauen eine richtige Deutsche Meisterschaft. Die deutsche Nummer eins Dinara Wagner wird etwa in dem Maße favorisiert sein wie Keymer bei den Männern. Wagners klare Favoritenrolle hängt mit dem Umstand zusammen, dass die deutsche Nummer zwei (und langjährige Nummer eins) fehlt. Elisabeth Pähtz hat schon vor geraumer Zeit verkündet, dass sie erst wieder an einer Deutschen Meisterschaft teilnimmt, wenn das Preisgeld für die Frauen dem für die Männer angeglichen wird.
Dem Vernehmen nach hat es im bayerisch geprägten Organisationsteam tatsächlich eine Debatte über „Equal Pay“ bei der von UKA und Krulich Immobilien unterstützten Deutschen Meisterschaft 2025 gegeben. Es fiel der im organisierten Schach wenig überraschende Beschluss, weiterzumachen wie immer. Die Männer spielen 2025 in München um ein im internationalen Vergleich karges Gesamtpreisgeld von gut 16.000, die Frauen um gut 11.000 Euro.
Elisabeth Pähtz, zuletzt 2020 in Magdeburg am Start, bestätigt auf Anfrage dieser Seite, dass sie deswegen ihre Teilnahme abgesagt hat. Der Deutschen Meisterschaft fehlt damit das immergrüne Duell um die Hackordnung zwischen den beiden nationalen Königinnen des Sports. Gleichwohl sind beide Wettbewerbe veritabel besetzt.

Neben Keymer starten bei den Männern Frederik Svane, Dennis Wagner, Matthias Blübaum, Alexander Donchenko, Rasmus Svane und Niclas Huschenbeth. Dazu kommt mit Leonardo Costa (17) Deutschlands bester Jugendlicher, den Bundesnachwuchstrainer Bernd Vökler nominiert hat.
Bei den Frauen treffen Favoritin Wagner und Masters-Siegerin 2024 Fiona Sieber auf Kateryna Dolzhykova, Jana Schneider, Josefine Heinemann, Hana Marie Klek, Tatiana Kostak und Lara Schulze. Mit Lisa Sickmann und Charis Peglau bekommen zwei Talente die Gelegenheit, sich mit den Besten zu messen. Peglau, Mitglied der gleichnamigen Schachfamilie, ist längst bekannt und etabliert. Lisa Sickmann (14) hat im Dezember 2024 ihr bisheriges Elo-Hoch von 2251 erreicht und damit erstmals die Spitze der deutschen Rangliste der Juniorinnen erklommen.
In einem weiteren Jahr ohne deutschen Schachgipfel (den wird es erst 2026 in Dresden wieder geben, siehe dieser Bericht) sollen die Deutschen Meisterschaften plus Kandidat:innenturniere plus Deutsche Blitzmeisterschaften mit ihrem vielfältigen Rahmenprogramm möglichst viele Schachinteressierte nach München locken. Geplant sind nach Angaben des DSB zahlreiche offene Turniere für Breitensportler sowie eine Simultanveranstaltung, ein Chess960-Turnier und ein Problemlöse-Wettbewerb.
Auch kulturell wird einiges geboten: Eine Fotoausstellung von Stev Bonhage, ein Symposium zum 100. Geburtstag von Wolfgang Unzicker sowie ein Erinnerungstreffen an den verstorbenen Großmeister Robert Hübner mit Weggefährten wie Harry Schaack und Dirk Jan Ten Geuzendam. Beim “Krulich-Cup” werden Großmeister und Prominente gemeinsam Tandem spielen. DSB-Präsidentin Ingrid Lauterbach: “Wir haben ein extrem starkes Teilnehmerfeld und ein Rahmenprogramm, das Schach, Kultur und Unterhaltung verbindet. Wir hoffen, dass viele Schachfans die Reise nach München antreten.”
Liebe Elisabeth Pähtz,
kannst Du mir bitte erklären, warum ein Turnier mit einem Eloschnitt irgendwo um die 2300 genau das gleiche Preisgeld bieten soll, wie ein Turnier mit einem Eloschnitt von über 2600? Weil Frauen mitspielen?
Es wäre sexistisch, Frauen nicht genau so zu behandeln wie Männer und genau das forderst Du.
Du hast wohl den GenderPayGap nicht ganz verstanden. Gleiche Bezahlung für gleiche Leistung!
Es steht Frau Pähtz frei, sich durch entsprechende sportliche Leistungen für das finanziell besser dotierte Turnier zu qualifizieren. Ich denke, dass niemand sie vermissen wird. Auch das angeblich “immergrüne” Duell halte ich für verzichtbar, nachdem beide in Dortmund sechs Remispartien gegeneinander abgeliefert haben.
Man kann es den größeren Killerinstinkt nennen. Bei den besten Spielern war und ist das noch kombiniert mit überbordendem Selbstvertrauen. Da ist man donn schon der Meinung Wenn man dann einen Gegner aussitzt und der in einer technischen Remisstellung einen Fehler macht, dann ist das eben keine außerordentliche Leistung, auch wenn man dann die höhere Elozahl hat. Absurd ist es jedenfalls, wie das manche hier tun, dem Frauenschach generell die Existenzberechtigung zu bestreiten. Für einen durchschnittlichen Schachspieler können Partien der DM für Frauen lehrreicher sein als Partien der WM für Männer. Bisher hat ja noch niemand dargelegt, welche Mehreinnahmen der… Weiterlesen »