Jetzt spricht der Cheftrainer: wie es mit Weltmeister Gukesh weitergeht

Trotz der neuen Herausforderungen im Freestyle-Schach bleibt für Gukesh und sein Team klar: Der Fokus liegt weiterhin auf traditionellem Schach. In einem ausführlichen Interview mit ChessBase India erklärte Gukeshs Cheftrainer Grzegorz Gajewski, dass der Weltmeister als junger Spieler noch viel Potenzial zur Weiterentwicklung habe und große Turniere wie Norway Chess oberste Priorität genießen.

Gukesh-Trainer Grzegorz Gajewski bei ChessBase India.

Gajewski machte deutlich, dass Gukesh trotz seines WM-Titels weiterhin an vielen Aspekten seines Spiels arbeiten müsse. “Wir sehen keinen Grund, unseren Fokus auf eine andere Schachvariante zu verlagern. Es gibt noch viel zu lernen und zu verbessern”, betonte er. Freestyle-Schach sei interessant und biete neue Konzepte, doch es stehe nicht im Mittelpunkt der Karriereplanung. Dennoch könnte es in Zukunft weitere Teilnahmen an Freestyle-Turnieren geben, wie etwa beim kommenden Event in Paris.

Dafür hat Gukesh schon bei der Siegerehrung in Weissenhaus zugesagt. Er wird Teil eines zwölfköpfigen Feldes sein, das in der zweitägigen Vorrunde um einen von acht Plätzen in der K.o.-Runde kämpft. Neben Gukesh stehen als Teilnehmer fest: Magnus Carlsen, Fabiano Caruana, Vincent Keymer, Hikaru Nakamura, Arjun Erigaisi, Praggnanandhaa, Alireza Firouzja und Hans Niemann. Das Aufeinandertreffen Niemanns mit Carlsen in Paris hat, einmal mehr, längst großes Interesse ausgelöst.

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Gajewski gab zu, dass die ersten Erfahrungen mit Freestyle-Schach für Gukesh herausfordernd waren. In Weissenhaus reichte es nur für Rang acht unter acht Spielern in der K.o.-Runde. “Wir sind spät zur Party gekommen”, sagte Gajewski. Er verwies darauf, dass andere Spieler, darunter Magnus Carlsen, bereits länger an dieser Schachvariante arbeiten. Die Anpassung an die ungewohnten Startpositionen und die fehlende Theorie stellte sich als schwierig heraus. “Es gibt keine Historie, keine bewährten Pläne. Wir müssen alles von Grund auf neu lernen.”

Der Weltmeister und sein Vorgänger in Weissenhaus. | Foto: Stev Bonhage/Freestyle Chess

Gukeshs analytischer Stil, der im traditionellen Schach ein Vorteil ist, erwies sich beim Freestyle als Hürde. “Er ist ein extrem guter Rechner, aber genau das kann im Freestyle-Schach problematisch sein. Hier braucht es mehr Intuition, weil viele gewohnte Muster nicht gelten.” Trotzdem sieht Gajewski den Lernprozess als wertvoll an. “Selbst wenn wir nicht primär auf Freestyle-Schach setzen, ist es immer gut, neue Perspektiven zu gewinnen.”

Gajewski zeigte sich optimistisch, dass Gukesh sich trotz Rückschlägen im Freestyle-Schach weiterentwickeln wird. “Auch wenn er dort nicht sofort dominiert, zeigt er eine gute Einstellung. Und das ist letztlich das Wichtigste: Harte Arbeit und der Wille, besser zu werden.”

Ende 2024: Weltmeister!

Neben Norway Chess sind für Gukesh weitere hochkarätige traditionelle Turniere geplant. Die langfristige Entwicklung als Spieler stehe im Vordergrund, nicht kurzfristige Erfolge. “Es geht darum, ein besserer Schachspieler zu werden, nicht um bloße Ergebnisse”, so Gajewski. Dennoch wolle Gukesh auch Turniere gewinnen und sich an der Spitze behaupten.

Die Balance zwischen Wettkampf und Vorbereitung sei eine Herausforderung. “Nach dem WM-Titel war die erste Zeit stressig, mit vielen Verpflichtungen. Doch jetzt haben wir eine klare Struktur gefunden, um den Fokus auf das Training zu legen.” Auch die Frage, wie viel Zeit Freestyle-Schach in Zukunft einnehmen wird, bleibt offen. “Nach dem Turnier werden wir überlegen, ob und wie Gukesh sich weiter damit beschäftigt. Aber unser Hauptziel ist klar: Die Weiterentwicklung im traditionellen Schach.”

Die Süddeutsche Zeitung über die WM-Helfer hinter den Kulissen, darunter Grzegorz Gajewski und Vincent Keymer.
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