Der Schachkönig hat seine Königin gefunden. Am vergangenen Samstag in Oslo haben sich Magnus Carlsen und Ella Victoria Carlsen, geborene Malone, das Ja-Wort gegeben. Schauplatz der Zeremonie war die Holmenkollen-Kapelle über den Dächern der norwegischen Hauptstadt, bevor der Hochzeitstross ins Fünf-Sterne-Grand-Hotel in Oslo weiterzog.
Die Frage, wer Ella Victoria Carlsen ist, hat sie jetzt weitgehend selbst beantwortet. Am Rande Finales der Grand Chess Tour in Oslo war Ella Victoria Carlsen zu Gast im norwegischen Schachpodcast Sjakksnakk, wo sie ausführlich über sich und ihr neues Leben an der Seite des besten Schachspielers der Welt berichtete. Das etwa zwei Wochen alte Gespräch ging am Montag dieser Woche online.
Zuhörer erfahren auch einige bislang unbekannte Seiten ihres Gatten, etwa die, dass Magnus Carlsen großartig mit Kindern umgehen kann. Oder die, dass er seiner Ella Victoria nicht mehr Schach beibringen mag, weil sie sich weigert, verlorene Partien zu analysieren. Oder die, dass der Schachmeister im Haushalt weitgehend nutzlos ist, aber den Müll rausbringt.
Das Sjakksnakk-Gespräch, gekürzt und redaktionell bearbeitet:
Ella Victoria, du spielst Schach, richtig?
Ich habe einen Chess.com-Account, das ist so ziemlich alles.
Das qualifiziert dich als Schachspielerin, eine von 500 oder 600 Millionen. Nicht alle Schachspieler sind Profis.
Mein Rating ist etwa 1100, genug, um Partien zu verfolgen.
Zuletzt warst du wahrscheinlich viel auf Reisen.
Wir verreisen fast jede Woche oder alle zehn Tage. Insofern leben wir aus dem Koffer. Wenn mich Leute fragen, wo mein Zuhause ist, sage ich: Er ist mein Zuhause, ich bin sein Zuhause. Wir reisen einfach zusammen.
Du reist mit Magnus zu all diesen Turnieren – als Freundin, Fan und Mitarbeiterin. Wie ist das für dich?
Ich manage seinen Zeitplan, spreche mit Organisatoren, organisiere Interviews und so weiter. Insofern drehe ich nicht nur Däumchen, während Magnus spielt. Ich habe viel zu tun, aber ich liebe es, ich mag die Schachgemeinschaft.
Im Februar beim Freestyle in Weissenhaus wart ihr beiden zum ersten Mal zusammen für die Öffentlichkeit zu sehen. War das geplant?
Der ursprüngliche Plan war, dass ich nicht gesehen werde. Aber das ließ sich nicht machen. Es gab eines dieser Videos, ich glaube vom ersten Tag. Nach der Ankunft stiegen wir aus dem Auto, die Kameras waren da, er ging in diese Richtung, ich in jene. Aber ich wusste gar nicht, wohin ich gehen sollte. Das sah seltsam aus. Nach diesem merkwürdigen Moment beschlossen wir, dass wir zusammen sind und kein Geheimnis daraus machen.
Einige Clips von diesem Turnier sind viral gegangen. Ihr habt euch geküsst, umarmt, jeder spürte die Unterstützung, die du ihm während es Turniers gegeben hast. Und auch nach seinem Sieg in Weissenhaus war 2024 ein sportlich erfolgreiches Jahr für Magnus. Liegt das an dir?
Die Lorbeeren dafür würde ich gerne einheimsen, aber es ist wohl eine Mischung aus verschiedenen Dingen. Wie viele Schachspieler bewegt sich Magnus in einer eigenen Welt, weil er ständig über Schach nachdenkt. Aber jetzt spielt er auch intensiv Golf. Ihm gibt das, glaube ich, Ablenkung von diesen ständigen Schachgedanken. Solche Pausen helfen ihm, sich zu entspannen, sodass er in Wettkämpfen, wenn es zählt, fokussierter und konzentrierter sein kann.
Spricht Magnus darüber? Wie ordnet er seine vielen Turniersiege 2024 ein?
Ich spreche darüber, viele andere Leute aus seinem Umfeld auch. Magnus lobt sich nicht selbst. Er geht stattdessen hart mit sich ins Gericht, das gibt ihm Energie und motiviert ihn.
Er gewinnt ein Turnier nach dem anderen. Bist du immer noch jedes Mal stolz, wenn er gewonnen hat?
Natürlich. Ich liebe es, ihn gewinnen zu sehen. Mich macht es glücklich, seine Freude zu erleben.
Wie feiert ihr typischerweise einen Turniersieg?
Unspektakulär, wir machen keine Party. Magnus schaut sich ein paar Stunden Golf oder anderen Sport an, dann schlafen wir.
Was magst du an Magnus? Wie hast du dich in ihn verliebt?
Er war sehr süß, als wir uns das erste Mal trafen, schüchtern und nervös, das war liebenswert. Magnus ist unglaublich intelligent. Er erinnerte sich sofort an meinen Geburtstag, was mir geschmeichelt hat, aber es stellte sich heraus, dass er einfach ein fantastisches Gedächtnis hat. Vielleicht weiß er auch die Geburtstage von allen anderen Leuten. Für mich ist Magnus wie eine frische Brise. Ich glaube nicht, dass viele Leute wissen, dass er so authentisch und ohne Kompromisse er selbst ist. Mich inspiriert das, und das liebe ich an ihm.
Erzähl uns von deinem Leben vor Magnus.
Ich bin in Hongkong geboren, aufgewachsen in Südostasien, hauptsächlich in Singapur. Meine Mutter ist Norwegerin, mein Vater Amerikaner. Wir lebten vier oder fünf Jahre in Norwegen, als ich ein kleines Mädchen war, und zogen dann wieder zurück nach Asien. Dann ging ich auf ein Internat in England und in den USA und dann auf die Universität in Kanada. Danach zog ich zurück nach Singapur, dann wieder nach Norwegen, wo ich Magnus begegnet bin.
Du bist weit gereist, hast viele Länder und Kulturen kennengelernt.
Nicht so viele wie jetzt, bei weitem nicht.
Warst du dir bewusst, wer Magnus Carlsen ist, bevor du ihn getroffen hast? Wusstest du etwas über die Schachwelt?
Wie viele Leute hatte ich “Das Damengambit” gesehen. Danach wollte ich herausfinden, ob es auf einer wahren Geschichte basiert. Ich dachte, dass eine coole Frau die Beste der Welt ist, aber ich fand heraus, Magnus ist der Beste. Und ich dachte: ‘Oh, schau an, ein Norweger‘. Das war’s. Meine Schachphase nach der Netflix-Serie dauerte nur sechs Wochen, weil meine Freunde interveniert haben. Sie sagten, das gerate außer Kontrolle, ich solle aufhören. Ich hatte Schach auch genutzt, um mich von meinen Studien abzulenken bzw. um sie aufzuschieben. Nach dieser Intervention habe ich tatsächlich nicht mehr gespielt. In den sechs Wochen davor hatte ich viele Videos gesehen, von Kasparow oder GothamChess, der der mir den Fried-Liver-Angriff beigebracht hat. An den Angriff erinnere ich mich nicht mehr, aber der Name ist hängengeblieben. Also, ich hatte kaum Berührungspunkte mit der Schachwelt, bis ich quasi hineingeworfen wurde. Jetzt bin ich stark involviert.
Und?
Schach ist Teil meines Lebens, mein Leben sogar. Natürlich haben wir Freunde außerhalb der Schachszene, aber wegen all der Reisen ist Schach der bestimmende Faktor. Magnus ist schließlich noch ein aktiver Spieler. Es gibt ja Leute, die glauben, er sei im Ruhestand. Aber mit Ruhestand hat das, was ich erlebe, nicht viel zu tun.
Hilft Magnus im Haushalt? Kochen oder so?
Nein, aber er hat auch seine Erwartungen an mich von Anfang an sehr niedrig gesetzt. Magnus hat nicht viele praktische Fähigkeiten, wenn es ums Haus geht, und das ist okay. Ich arbeite viel als seine Sekretärin, also gehen wir meistens essen. Wenn das Haus gereinigt werden muss, haben wir eine Hilfe. Und die anderen kleinen Dinge bekommen wir hin. Ich mache die Wäsche, er bringt den Müll raus.
Magnus war vor etwa anderthalb Jahren im Podcast. Wir haben ihn gefragt, wie er als Vater wäre. Was denkst du?
Er wird so toll sein. Das ist eines der Dinge, die ich wirklich an ihm liebe. Er ist großartig mit Kindern. Du solltest ihn mit seinen Neffen und mit deinen Kindern sehen. So viel Energie. Sie lieben ihn. Magnus ist im Herzen ein Kind geblieben.
Möchtest du, dass deine Kinder Schach spielen?
Meine Kinder sollen die Freiheit haben, alles zu erforschen, was sie wollen. Wir waren bei diesem Formel-1-Rennen in Abu Dhabi, und ich hörte, wie Eltern Kinder zum Gokart-Training schicken. Ich dachte: “Vielleicht probieren wir das mal.” Magnus war sehr dagegen. Von meiner Seite aus sollen Kinder alles probieren dürfen, was sie wollen, so lange es vernünftig ist.
Wie reagiert Magnus auf Niederlagen?
Er regt sich oft schon über ein Remis auf. Magnus ist unglaublich hart zu sich selbst. Ich gebe ihm dann Raum und Ruhe, denn nichts, was ich oder irgendjemand anderes sagt, würde ihm helfen. Beim Schach hört Magnus auf sich selbst und nur auf seine eigene Meinung. Ich finde es normal, dass ihn Niederlagen treffen. Es geht schließlich um so viel.
Wahrscheinlich ist er auch der Beste darin, nach Niederlagen zurückzukommen. Mehrere Niederlagen am Stück sieht man bei ihm kaum.
Das ist einer der Gründe für seinen Erfolg. Eine Niederlage spornt ihn an, er kommt stärker und besser zurück. Andere zweifeln an ihren Fähigkeiten, wenn sie verlieren. Magnus nicht.
Hast du Lieblingsschachspieler außer Magnus?
Ich bin ein großer Ding-Fan. Ich finde ihn liebenswert und süß, und ich habe bei der Weltmeisterschaft zu ihm gehalten. Ding und seine Mutter sind die beiden süßesten Menschen auf diesem Planeten.
Wie ist Magnus als Schachtrainer?
Ein ausgezeichneter Lehrer. Wenn ich verloren habe, will er immer mit mir die Partie durchgehen, aber das will ich nicht. Ich bin dann fertig damit und will es nicht nochmal sehen. Auch weil ich das nicht will, glaube ich, hat er sich von dieser Lehrerrolle etwas zurückgezogen. Die Verantwortung, mich zu unterrichten, will er an jemand anderen übertragen.
Was passiert 2025? Gibt es spannende Projekte oder Reisen?
Die Freestyle Chess Grand Slam Tour, meine absolute Lieblings-Turnierserie. Vielleicht liegt es an den Leuten, die ich liebe, Jan und Holly und Jans Tochter. Ich liebe das Format, ich liebe die Spieler, ich liebe die Outfits, ich liebe die Reiseziele. Ich freue mich darauf, im Februar nach Deutschland zu reisen. Dann gibt es noch diese E-Sport-Sache. Darauf freue ich mich sehr. Das Finale ist in Saudi-Arabien, verbunden mit der Champions Chess Tour. Das wird großartig.
Siehst du 2025 als ein weiteres Jahr des Reisens? Werdet ihr euch irgendwo niederlassen? Was sind eure Pläne?
Idealerweise hätten wir mehr Zeit, uns niederzulassen und an einem Ort zu sein, aber diese Zeit haben wir nicht. Wir gehen bereits den Terminplan für 2025 durch, es gibt viel zu tun.