Die Champions Chess Tour bleibt – als Qualifikationsturnier für den Esports-World-Cup

Im Live-Finale der Champions Chess Tour findet sich Vincent Keymer nach zwei Tagen und sechs Runden in einem Dreikampf mit Maxime Vachier-Lagrave und Levon Aronian wieder. Nach der siebten Runde, gespielt am Donnerstag ab 18 Uhr, werden zwei dieser drei Supergroßmeister es in die Zwischenrunde schaffen, einer scheidet aus. Um dieses Schicksal sicher zu vermeiden, sollte Keymer sein Siebtrundenmatch gegen Alireza Firouzja gewinnen.

Champions-Chess-Tour-Finale: Vincent Keymer vs. Ian Nepomniachtchi.

Bei den “Champions Chess Tour Finals” vom 17. bis 21. Dezember in Oslo ermitteln die acht Finalisten der Tour den Tour-Champion 2024. Nach einem Rundenturnier zum Auftakt scheiden zwei Spieler aus, zwei weitere nach der Zwischenrunde, an die sich Halbfinale und Finale anschließen. Das Gesamtpreisgeld beträgt 500.000 Dollar, 200.000 davon für den Sieger.

Am Rande des Finales ist jetzt bekannt geworden, dass die Champions Chess Tour 2025 eine Neuauflage erleben wird. Diese Ankündigung von chess.com-Chef Daniel Rensch kommt etwas überraschend. Zuletzt hatte es ausgesehen, als wolle das Unternehmen insbesondere sein Erfolgsmodell der Speed Chess Championship vorantreiben. Deren heiß erwartetes Finale mit der Begegnung Magnus Carlsen versus Hans Niemann hat im September 2024 sämtliche Quotenrekorde pulverisiert.

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Als chess.com die Play-Magnus-Gruppe schluckte, gehörte dem US-Unternehmen plötzlich die größte Online-Turnierserie.

Die von der Play-Magnus-Gruppe geerbte Champions Chess Tour, ursprünglich das Flaggschiff unter den chess.com-Veranstaltungen, drohte zum fünften Rad am Wagen zu werden bzw. ganz abgeschafft. Das galt erst recht vor dem Hintergrund, dass Onlineturniere umso dringender klare Lösungen für das Cheating-Problem brauchen, je mehr Preisgeld im Spiel ist. Andererseits war die 2024 mit 1,7 Millionen Dollar dotierte und mit drei Divisionen breit angelegte Champions Chess Tour in ihrem bisherigen Format für den Unterbau der Schachelite die mit Abstand beste Gelegenheit, online Einnahmen zu generieren.

Zuschauerrekorde pulverisiert: Als Hans Niemann und Magnus Carlsen im Speed-Chess-Halbfinale aufeinandertrafen.

Im kommenden Jahr wird die Champions Chess Tour auch und wahrscheinlich in erster Linie ein Qualifikationswettbewerb sein. Die EWCF (Esports World Cup Foundation), der Organisator des “Esports World Cup”, hat Schach in die Reihe der beim E-World-Cup gespielten Spiele aufgenommen und bei dieser Gelegenheit eine mehrjährige Partnerschaft mit chess.com angekündigt – und mit Magnus Carlsen, der nun auch Esports-World-Cup-Botschafter ist.

chess.com berichtet über sich und den neuesten Coup.

Die EWCF teilt mit: “Mit Pre-Moves und unmittelbarer Zeitkontrolle wird Schach durch sein digitales Medium verändert. Online unterscheidet sich das Spiel von der traditionellen Variante auf dem Brett. In Wahrheit war Online-Schach schon ein Esport, bevor der Begriff Esport überhaupt geprägt wurde.” Geändert habe sich das Ökosystem rund ums Schach, speziell ums Online-Schach, das enorm an Popularität gewonnen habe. Wenn die Besten spielen, schauten Hunderttausende zu, und die Spitzengroßmeister seien Stars mit vielen Fans.

In einer Reihe mit etwa Dota 2, League of Legends oder Counter Strike wird Schach 2025 beim “Esports World Cup” mit einem 1.500.000-Dollar-Turnier erstmals vertreten sein. Als Vehikel für die Qualifikation dient die Champions Chess Tour 2025, deren genaues Format noch nicht angekündigt ist. Laut EWCF wird es auch eine offene Qualifikation geben, bei der Amateure versuchen können, ein World-Cup-Ticket zu ziehen.

https://twitter.com/Bodenseeperlen/status/1869668807217934592
Wieder ein siebenstelliger Betrag, der ins Schach fließt – voraussichtlich in Richtung Schachelite.

Den “Esports World Cup” gibt es seit dem vergangenen Jahr dank saudi-arabischen Geldes. Mit 60 Millionen Dollar war die Erstauflage in Saudi-Arabien dotiert. Auch der World Cup 2025 inklusive Schachwettbewerb wird in Riad stattfinden, Hauptstadt des Königreichs. “Sportswashing”, sagt dazu Paul Meyer-Dunker, Esport-Beauftragter des DSB, der einerseits die neue Perspektive für den Sport preist (Esport-Olympia), andererseits den Austragungsort als “bittersüß” empfindet.

https://twitter.com/Meyer_Dunker/status/1869155161094148309

Offiziell ist das Turnier Teil der Saudi Vision 2030, die das Land bis in das Jahr 2030 wirtschaftlich, gesellschaftlich und kulturell neu ausrichten soll. Organisator ist die zu diesem Zweck gegründete und mit erheblichen Mitteln ausgestattete EWCF mit ihrem deutschen Chef Ralf Reichert. In der aktuellen Wirklichkeit wird sich der Schachtross, angeführt von Magnus Carlsen, 2025 nicht zum ersten Mal in ein Land begeben, in dem die Rechte von Minderheiten wenig zählen, in dem Hinrichtungen üblich sind und in dem der Landesvater (zwei Jahre nach Verkündung der “Saudi Vision 2030”) Journalisten zerstückeln lässt, wenn ihm deren Berichterstattung nicht gefällt.

Wie das erzkonservative Königreich mit Milliardeninvestitionen in den Sport sein Image polieren will (für Spiegel-Abonnenten).

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[…] Perlen vom Bodensee (@Bodenseeperlen) December 19, 2024 Vor allem dank Freestyle und eSport-World-Cup wird für die Elite des Denksports 2025 mehr Geld denn je mit Schach zu verdienen sein. Als unter […]

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[…] und Social-Media-König geschuldet sein. Gerade in Richtung Top 20 fließt dank eSport, Global Chess League und Freestyle mehr Geld denn je. Anlass, eine neue Gewerkschaft zu gründen […]