Vier Partien, vier Siege: Vincent Keymers Raketenstart beim Rubinstein-Festival

Irgendwo, irgendwann ist Vincent Keymer bestimmt schon einmal mit vier Siegen am Stück gestartet. Aber in einem Einladungsturnier mit Gegnern aus der 2700-Klasse? Was der 19-Jährige aus Niemcy beim Akiba-Rubinstein-Festival in Polanica-Zdroj bislang abgeliefert hat, dürfte eine Premiere sein: Vier Punkte aus vier Partien gegen einen Eloschnitt von gut 2681.

In den ersten beiden von neun Runden war Keymer sogar der Einzige, der Partien gewann. Zum Auftakt mit Schwarz setzte er Mateusz Bartel eine kleine Überraschung vor: den Najdorf-Sizilianer, der, mutmaßlich mangels Erfolg, zugunsten von 1…e5 zuletzt weitgehend aus Keymers Turnierrepertoire verschwunden war. Bartel holte mit seinem Eigenbau-6.h3 nichts aus der Eröffnung, suchte im Mittelspiel zu ambitioniert nach Vorteil, wo keiner mehr war, und verlor im Endspiel den Faden. Danach folgte ein Weißsieg aus der Eröffnung heraus über Alexei Sarana. Nach misslungenem Beginn versuchte der Europameister (Ex- im Einzel, amtierend im Team), das Wässerchen zu trüben. Keymer moderierte jegliches Störfeuer taktisch präzise ab.

Als der b-Bauer zur Rakete wurde: Vincent Keymers Drittrundensieg über Pentala Harikrishna.

In Runde drei mit Schwarz der nächste Najdorf, wieder ein untypischer nach 6.Ld3 g6, und wieder dasselbe Ergebnis. Diesmal gewann Keymer im Endspiel, als Pentala Harikrishna sogleich ein taktischer Schnitzer unterlief, nachdem sich die Partie gegen ihn gewendet hatte. In der vierten Runde folgte eine strategische Demonstration gegen Vladimir Fedoseev, dessen krumm aussehendes Angenommenes Damengambit sich als ebensolches entpuppte. Zwar war die Struktur symmetrisch, zwar waren die Damen vom Brett getauscht, aber das hielt Keymer nicht davon ab, mit leichter Hand den schwarzen Mangel an Koordination und Gegenspiel nachzuweisen.

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Keymers Viertrundensieg über Vladimir Fedoseev.

Nach diesem Fabelstart hat sich Keymer schon 1,5 Punkte Vorsprung vor dem Zweitplatzierten Jan-Krzysztof Duda erarbeitet – und mehr als das. Plus 18 Elo lautet die Zwischenbilanz. In der Weltrangliste ist die deutsche Nummer 1 auf Rang 17 geklettert. Mit jetzt 2737 Elo ist Keymers Rekord von 2743 aus dem Januar 2024 plötzlich nur noch zwei gewonnene Partien entfernt.

Läuft: Vincent Keymer mit Schwarz gegen Pentala Harikrishna. | Fotos: Veranstalter

Auch auf die Setzliste für die Schacholympiade mag sich das sportliche Ausrufezeichen des Nationalteam-Anführers auswirken. Für den Moment haben die Deutschen als neue Nummer sieben der Setzliste England überholt und sich von den bis dahin quasi gleichauf liegenden Polen und Ungarn ein wenig abgesetzt.

Die Aufstellungen legen die Kapitäne erst kurz vorher fest, aber die Kader für die Schacholympiade sind schon bekannt. Die deutschen Männer könnten als Nummer sieben der Setzliste ins Rennen gehen.

Im Kulturzentrum “Spa-Theater” in Polanica Zdroj wird bis zum 25. August ohne Ruhetag weitergespielt. Die Partien beginnen jeweils um 15 Uhr (letzter Spieltag um 14 Uhr). Am heutigen Mittwoch trifft Keymer mit den schwarzen Steinen auf seinen Baden-Badener Mannschaftskameraden, langjährigen Anand-Sekundanten und Weltklassespieler Radoslaw Wojtaszek.

Das Rubinstein-Memorial ist ein jährliches Schachfestival, stets ausgetragen im niederschlesischen Kurort Polanica-Zdr￳oj zu Ehren der Schachlegende Akiba Rubinstein. Der polnische Weltklassespieler starb 1961, die Erstauflage des Turniers fand 1963 statt. Das Festival besteht in aller Regel aus mehreren Wettbewerben in verschiedenen Wertungs- oder Altersgruppen. Das Hauptturnier ist ein geschlossenes Runden- und Einladungsturnier. Sollte Vincent Keymer 2024 gewinnen, wäre er der fünfte Deutsche, dem das gelingt. Bisherige deutsche Sieger des Superturniers: Helmut Pfleger (1971), Lothar Vogt (1982), Uwe Bönsch (1987), Alexander Donchenko (2022).

Das Rubinstein-Festival von oben.
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[…] Platz liegt. Wenn Arne die Partie auch noch gewinnen sollte, dann würde er nicht nur auf den Spuren von Vincent Keymer wandeln, sondern hätte auch noch mindestens einen Punkt Vorsprung vor den […]