Marcus Fenner verlässt den DSB

Geschäftsführer Marcus Fenner verlässt den Deutschen Schachbund, nach Angaben des Verbands auf eigenen Wunsch, “um sich neuen beruflichen Herausforderungen zu stellen”. Seine Nachfolgerin wird Anja Gering, die de facto bereits die Geschäfte des DSB geführt hat und zuletzt zur Leiterin der Geschäftsstelle aufgestiegen war.

Marcus Fenner habe in seinen viereinhalb Jahren beim DSB “zahlreiche Veränderungen angestoßen, die wesentliche Fortschritte für den Deutschen Schachbund mit sich brachten”, heißt es in der DSB-Mitteilung. An der Neuausrichtung der DSAM und der Einführung des Schachgipfels habe er großen Anteil.

Marcus Fenner. | Foto: Lennart Ootes/FIDE

Das Präsidium habe Gering zur Nachfolgerin bestellt, heißt es in der nicht gezeichneten, nicht mit dem Namen des Protagonisten überschriebenen Mitteilung auf der DSB-Seite – zwei signifikante Unterschiede zur Mitteilung von vor einer Woche, in der der DSB den Abschied von Paul Meyer-Dunker verkündete, gezeichnet von DSB-Präsident Ullrich Krause.

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Der Abschied des Social-Media-Mitarbeiters war dem Vernehmen nach die direkte Folge einer einsamen Entscheidung Krauses, der sich nach einem geschlossenen Protest der DSB-Mitarbeiter gegen den Geschäftsführer einmal mehr auf die Seite Fenners gestellt hatte. Um die interne Unruhe zu mildern, hatte Krause Fenner anschließend zum Geschäftsführer ohne spezifisches Aufgabengebiet aus der Geschäftsstelle wegbefördert, diese Veränderung aber nur intern kommuniziert. Das von dieser Seite öffentlich gemachte Modell hielt kaum zwei Wochen.

Eine zweite personelle Veränderung hat der DSB ebenfalls nicht kommuniziert. Zum ersten Mal in seiner Geschichte bekommt der Schachbund einen Betriebsrat, auch das eine Folge des zur Unzufriedenheit der Angestellten verlaufenen Personalgesprächs. Voraussichtlich wird das Berliner Quintett Sportdirektor Kevin Högy zum Ansprechpartner seines Vertrauens wählen.

Ob Ullrich Krause das für notwenig hält? Als jetzt AKLV-Chef Guido Springer anbot, in der Geschäftsstelle vermittelnd auszuhelfen, lehnte der DSB-Präsident ab: Die Mitarbeiter könnten sich doch ans Präsidium oder an ihn wenden, teilte Krause mit.

Mit dem Ablehnen des AKLV-Angebots wollte Krause wahrscheinlich in erster Linie verhindern, dass noch mehr Leute Einblick in das Ausmaß der internen Unzufriedenheit bekommen. Dass sich einer seiner Angestellten in einer persönlichen Sache vertraulich an ihn wenden würde, kann Krause nach diesen viereinhalb Jahren nicht ernsthaft annehmen. Selbst bei Paul Meyer-Dunker, anfangs bekennender, streitbarer Krause-Fan, hat es nur ein paar Monate gedauert, bis er sich abwandte.

“Katastrophale Personalführung, ändern wird sich nichts”: Teil eins der Perlen-Diagnose im Sportradio Deutschland stimmt, Teil zwei nur bedingt.

Längst nicht nur wegen der lange gärenden Unzufriedenheit der Angestellten, die schließlich zum zweiten Mitarbeiterprotest unter Fenner/Krause führte, war das DSB-Führungsduo zuletzt unter Druck geraten. Krauses “Lösung”, im DSB eine mit einem hohen fünfstelligen Jahresgehalt bezahlte Stelle ohne klare Zuständigkeit einzurichten, kam im Kontext der vergangenen viereinhalb Jahre zwar nicht überraschend, allerdings war noch weniger überraschend, dass dieses Novum keine Zustimmung gefunden hat.

Dass mit Turnierdirektor Gregor Johann einer der verdientesten und engagiertesten Ehrenamtlichen im DSB öffentlich seine Differenzen mit Fenner benennt und seinen bevorstehenden Abschied kundtut, kam einer Erschütterung gleich. Außerdem wird intern längst debattiert, wie denn Krauses Reise zum FIDE-Kongress, auf FIDE-Kosten und von der FIDE mit 2.500 Euro honoriert, einzuschätzen sei. Gut möglich, dass dieses Thema beim kommenden DSB-Kongress zur Sprache kommt.

Ullrich Krause (Mitte). | Foto: Deutscher Schachbund

Obwohl nach Fenners Abschied ein deutlich vernehmbares Aufatmen durch den DSB geht: Ullrich Krause hätte seinem geschätzten und von ihm stets gestützten Geschäftsführer anstelle einer knappen, anonymen Mitteilung ruhig einige persönliche Worte des Dankes und der Anerkennung schreiben können. Um sein Amt hätte der Präsident auch nach so einer letzten Solidaritätsadresse nicht fürchten müssen.

Natürlich geistert längst der beim Kongress im Oktober zu stellende “Abwahlantrag” durch den DSB-Buschfunk, natürlich ist Krause angeschlagen und die Kritiker zahlreich, aber eine Abwahl Krauses brächte ein Dilemma mit sich: Wer soll es machen?

Niemand mit Format ist in Sicht – schade eigentlich, denn Leute mit Format gibt es im Schach durchaus. Nur halten die sich aus Verbandsdingen raus, und die Vorgänge im Krause-Fenner-DSB der vergangenen Jahre werden eher nicht bewirken, dass solche Leute hier ein potenzielles Feld ihres Engagements sehen.

Und so darf sich Ullrich Krause jetzt schon darauf einrichten, im Oktober ein wenig butterweiche Kritik zu hören, bevor es weitergeht wie immer. Im Zuge seines Hilfsangebots hat ihm Springer schon mitgeteilt: “Du sollst dem DSB ein guter Präsident sein und bleiben.”

Vielleicht nimmt er diese Worte zum Anlass, einer zu werden?

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Walter Rädler
Walter Rädler
1 Jahr zuvor

“Auch bei der Neuausrichtung der DSAM und bei der Einführung des Schachgipfels hatte er einen großen Anteil.” Jeder weiß doch, dass die DSAM ein Erfolgsmodell war. Die einzige Änderung war, dass man neue Hotels suchen musste, nachdem sich der DSB von Dr. Dirk Jordan trennte. Das Finden neuer Hotels ist in der heutigen Zeit wahrlich kein Hexenwerk. Beim Schachgipfel stand das Konzept doch schon alles, erarbeitet von Dr. Dirk Jordan übrigens. Es wurde 1:1 übernommen, auch keine Meisterleistung. Der Meistergipfel ist super und eine Bereicherung für das deutsche Schach! Bilanzieren wir doch einmal die Leistung von Dr. Marcus Fenner: Aufstand… Weiterlesen »

Guido Springer
Guido Springer
1 Jahr zuvor

“Außerdem wird intern längst debattiert, wie denn Krauses Reise zum FIDE-Kongress, auf FIDE-Kosten und von der FIDE mit 2.500 Euro honoriert, einzuschätzen sei.“ Sorry, so einfach kann man das nicht stehen lassen. Ja, Ullrich Krause fuhr de facto auf FIDE-Kosten zum Kongress und erhielt dieses Honorar. Wir sollten fair sein und die feststehenden Fakten benennen: Ullrich Krause war Mitglied des Schiedsgerichts (“Appeals Committee”) der Schacholympiade. Dies veröffentlichte er in seinem eigenen Blog, auf den der Autor des Beitrags in einem früheren Beitrag explizit hinwies. Die FIDE ist hier außerordentlich transparent: bei Anreise von einem anderen Kontinent Übernahme der Reisekosten bis… Weiterlesen »

Sven Hagemann
Sven Hagemann
1 Jahr zuvor

Könnten jetzt nicht Gregor Johann und Paul Meyer-Dunker doch bleiben ?
Oder muss dafür Herr Krause auch noch weg ?

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[…] in Chennai zu Ungemach führen könnte, der lese einfach, was AKLV-Chef Guido Springer dazu zu sagen hat. Krause hat nichts zu […]

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[…] unbefristet und mit einem Gehalt, das es beim DSB bis dahin nicht gegeben hatte. Seitdem bis zur Trennung im September 2022 hat der Deutsche Schachbund seinem Geschäftsführer mehr als eine halbe Million Euro überwiesen […]

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[…] Es waren die Mitarbeiter des DSB selbst, die sich und damit den Verband im Spätsommer 2022 aus der Fenner-Krause-Falle befreit haben, nachdem ihnen jahrelang weder Präsidium noch Kongress hatten helfen wollen. Wer immer nun […]

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[…] in der Hand zu halten”? Der erste Kandidat für notorische Wichtigtuerei ist ja gerade von Bord gegangen. Wen immer Gustafsson am Ruder wähnt, anscheinend ist dem Bundestrainer das gegenwärtige […]

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[…] aus einer repräsentativen Mail vom 29. August 2022 zitieren: Als um Ullrich Krause herum längst alles zusammenbrach, teilte ihm Mecklenburg-Vorpommerns Schachpräsident Guido Springer mit, er sei ein guter […]

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[…] Marcus Fenner verlässt den DSB […]

Schachfreund
Schachfreund
1 Jahr zuvor

Schon erstaunlich wie schnell das jetzt gegangen ist. Warum hat eigentlich Walter Rädler Fenners Abgang hier noch nicht kommentiert? 🙂 Die Liste der Abgänge personellen Veränderungen beim DSB ist lang. Schwierig da den Überblick zu behalten. Übrigens Astrid Hohl, die ehemalige Mitarbeiterin der DSJ-Geschäftsstelle, ist offenbar schon länger nicht mehr PSG-Ansprechperson des DSB. https://www.schachbund.de/adressen_praevention-sexualisierter-gewalt.html Für Anfragen zur Prävention sexualisierter Gewalt im Schach und als Ansprechpartner für Betroffene wenden Sie sich bitte an Kevin Högy. Zu Beginn des Jahres 2022 wird das Präsidium des Deutschen Schachbundes zwei Personen unterschiedlichen Geschlechts als Ansprechpartner:innen für sexualisierte Gewalt benennen. Gut, dass das Jahr 2022… Weiterlesen »

Peter Kalkowski
Peter Kalkowski
1 Jahr zuvor

Die Hexenverfolgung geht weiter.
Wenn ein Lehrer seine Schüler x-Mal schönschreiben lassen will ist mit dem Lehrer was nicht in Ordnung.
Öffne die Seite und aus dem PC fließt Blut heraus.

schwarze Dame
schwarze Dame
1 Jahr zuvor

Ich möchte bemerken, dass ein alleiniger Geschäftsführer, sofern er ordnungsgemäß bestellt ist, aus seiner Position auch vom Präsidenten des DSB e.V. nicht wegbefördert werden kann, denn der alleinig bestellte Geschäftsführer führt alle Geschäfte der juristischen Person, die ihn bestellt hat allein und der bestellte Geschäftsführer haftet für diese auch und seine Säumnisse daraus. Entweder der Geschäftsführer kündigt selbst oder wird gekündigt, dann muss er abberufen werfen, insbesondere wenn er da ist (so wie Sie es darstellen, war Herr Dr. Fenner zumindest physisch anwendend) und wenn der Geschäftsführer nicht Entscheidungsunfähig beispielsweise im Krankenhaus im Koma liegt und nicht dauerhaft an unbekanntem… Weiterlesen »

Walter Rädler
Walter Rädler
1 Jahr zuvor

Heute erhielt ich Post über Facebook von einem Mitglied des Marshalls: Oh – smiling Marcus. Work ethic low. l was not asked as reference….. Ich habe allen Landesfürsten anno dazumal geschrieben, das Marcus Fenner nicht für den Posten geeignet ist, er ist ein Hoax. In dem Schreiben fragte ich nach, warum er ein notarielles Dokument mit Professor Doktor unterschreibt, wo kommt der Professor her. Die Frage des Doktors ist auch nicht bekannt. Würden sie jemanden einen solch verantwortungsvollen Posten beim Deutschen Schachbund geben? Ich nicht. Der Manhattan Chess Club verfasste nach der Amtszeit von Marcus Fenner ein Schreiben an die… Weiterlesen »