Pähtz und Keymer im Rennen um die Grand-Prix-Plätze

Elisabeth Pähtz hat die dritte Großmeisternorm und den GM-Titel vorerst denkbar knapp verpasst. Nach ihrer Niederlage gegen die ukrainische Weltklassespielerin Mariya Muzychuk in der neunten Runde des Grand Swiss der Frauen steht Pähtz nach neun Partien bei einer Performance von 2598. Für die Norm wären 2600 erforderlich.

Wer es selbst nachrechnen möchte: hier.

Der Titelzug ist gleichwohl nicht abgefahren. Noch kann Pähtz beim elfrundigen Wettbewerb in Riga eine Norm aus elf Runden erzielen. Da sie mit 2598 ganz knapp an den erforderlichen 2600 kratzt, würden 1,5 Punkte aus den letzten 2 Runden bzw. ein Sieg in der zehnten Runde reichen, um über der 2600-Marke zu stehen.

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Nach der Erstveröffentlichung dieses Beitrags hat eine Reihe von Lesern darauf hingewiesen, dass für die GM-Norm nicht die Performance zählt, sondern eine im FIDE-Handbuch festgelegte Punktezahl, die gegen einen bestimmten Gegnerschnitt zu erreichen ist. Auch diese offizielle Regelung orientiert sich an einer notwendigen 2600-Performance. In diesem Fall stellt sie sich so dar, dass Pähtz mit ihren 6 Punkten nach 9 Partien einen 2475-Gegnerschnitt für eine Norm gebraucht hätte. Der Schnitt betrug aber “nur” 2471.

Am Brett ruht die Freundschaft: Die Partie, die Elisabeth Pähtz die dritte GM-Norm knapp verpassen ließ. | Foto: Anna Shtourman/FIDE

In der vorletzten Runde am heutigen Samstag stehen aus deutscher Sicht zwei Partien im Fokus: Elisabeth Pähtz setzt ihren Kampf um die GM-Norm und um ein Grand-Prix-Ticket fort – mit Schwarz gegen die Inderin Harika Dronavalli (Elo 2511). Auch Vincent Keymer, jetzt bei 5,5/9 (siehe weiter unten), ist noch im Rennen um die Grand-Prix-Plätze. Der 16-Jährige trifft heute auf den WM-Kandidaten Kirill Alekseenko.

Alle Paarungen mit deutscher Beteiligung (via chess-results.com):

101065GMKeymer VincentGER2630GMAlekseenko KirillRUS27109
102038GMNajer EvgeniyRUS265455GMBluebaum MatthiasGER264052
103093GMSindarov JavokhirUZB2587GMDonchenko AlexanderGER264845
103677GMKollars DmitrijGER262144GMTabatabaei M. AminIRI263956
1024GMHarika DronavalliIND251166IMPaehtz ElisabethGER247512

Liveübertragung (ab 13 Uhr):

auf chess.com
auf chess24 (offen) und Frauen


Der Georgier Baadur Jobava fiel in Riga von Beginn an mit einer neuen Frisur auf. Statt üppiger schwarzer Lockenpracht trägt er das Haar jetzt kurz – und pink. | Foto: Anna Shtourman/FIDE

Aus dem Kampf um die Hauptpreise, Qualifikation fürs Kandidatenturnier/den Grand Prix, sind drei der fünf deutschen Teilnehmer zwei Runden vor Schluss ausgeschieden. Für Matthias Blübaum, Alexander Donchenko und Dmitrij Kollars gilt es, womöglich noch einen der Geldpreise zu gewinnen. Die besten Aussichten hat Matthias Blübaum, dem in der neunten Runde ein Sieg über den Georgier Baadur Jobava (Elo-Bestwert 2743) gelang.

Jobava, bekannt dafür, eigene Wege zu gehen, übertrieb es gegen Blübaum mit der Originalität. Nach 5…h6?! geriet er recht bald in die Art von gedrückter Stellung, die der Slawisch-Spieler besser vermeidet, und Blübaum machte keine Anstalten, seinen Klammergriff zu lockern. Immerhin fand Jobava eine Gelegenheit, einen Hingucker zu produzieren: 21…Dd5. Aber wer genau hinguckt, stellt fest: Schwarz verliert.

Vincent Keymer produzierte eine Duplizität der Ereignisse. Vor zwei Monaten bei der Europameisterschaft in Reykjavik kämpfte er sich mit einem überraschenden Schwarzsieg über den favorisierten Tschechen David Navara (Elo-Bestwert 2751) in eine Position, von der aus er sogar in den Turniersieg eingreifen konnte. Am Ende wurde Keymer Zweiter.

In der neunten Runde des Grand Swiss hat Keymer seinem ersten Sieg über Navara jetzt den zweiten folgen lassen, erneut ein Meisterstück. Diesmal sah es sogar noch einfacher aus. Scheinbar mühelos überspielte der 16-Jährige den etablierten Spitzengroßmeister mit den schwarzen Steinen:

https://youtu.be/MTAPLy-VYvM

Neben der tollen Ausgangsposition, die Keymer sich jetzt im Grand Swiss erarbeitet hat, hat er auch in der deutschen Schachspielerhierarchie einen Pflock eingeschlagen.

Nachdem er vor vier Wochen den Spitzenplatz in der DWZ-Rangliste erklommen hatte, ist Vincent Keymer seit seinem Sieg über David Navara auch die deutsche Nummer eins in der Elo-Live-Liste:

Für Keymer wie für Pähtz gilt beim Grand Swiss, dass die direkte Qualifikation fürs Kandidatenturnier 2022 so gut wie unmöglich ist. Aber mit einem starken Schlussspurt können beide noch am Kampf um die Grand-Prix-Tickets teilnehmen.

Das gilt insbesondere für Elisabeth Pähtz im Grand Swiss der Frauen, die dank ihres starken Turniers trotz der Niederlage gegen Muzychuk unverändert auf dem zweiten Platz steht, sich diesen aber nun mit fünf anderen Spielerinnen teilt.

via chess.com

An der Spitze im offenen Grand Swiss hat Fabiano Caruana in der neunten Runde eine Schlüsselpartie gegen den bis dahin führenden Alireza Firouzja gewonnen. Caruana, Firouzja und, überraschend, der Engländer David Howell führen das Turnier jetzt gemeinsam mit 6,5 Punkten an:

via chess.com

Stand der Dinge beim Grand Swiss aus internationaler Perspektive (Klick aufs Bild):

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Kommentator
Kommentator
2 Jahre zuvor

Chess-results sagt, dass die Perfomance 2596 beträgt- an der Grundaussage “etwas zu wenig” ändert das natürlich nichts.
7,5/11 reichen für die Norm, sofern der gegnerische Schnitt mindestens 2467 beträgt; wenn sie also in der 10. Runde gegen Harika remisiert (ansonsten ist normentechnisch ohnehin alles so oder so entschieden), braucht sie (wenn ich meinen Taschenrechner korrekt bedient habe) in der 11. Runde einen Sieg gegen eine Gegnerin mit einer Elo von mindestens 2397.

Philipp
Philipp
2 Jahre zuvor

Nach dem Remis heute muss dann morgen ein Sieg her.

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[…] gehören zum Schach, wir haben das zuletzt am Beispiel von Elisabeth Pähtz‘ denkbar knapp verpasster GM-Norm gesehen. Diese Rechnung vor der elften und letzten Runde des Grand Swiss am Sonntag ab 13 Uhr ist […]

Thomas Richter
Thomas Richter
2 Jahre zuvor

Kurios: Paehtz spielt in der letzten Runde gegen Assaubayeva, die hat – wenn man sich auf http://chess.kivij.info/performance_calculator.shtml verlassen kann – mit Punktlandung TPR 2600 bereits eine GM-Norm: ebenfalls 6.5/10 aber etwas stärkere Gegnerinnen.

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[…] nicht fest), reichte ihr ein Unentschieden. Für die GM-Norm, die sie in den beiden Runden zuvor knapp verpasst hatte, brauchte sie einen Sieg. Und der gelang trotz der nervlichen Belastung, recht glatt […]

Fritze Flink
Fritze Flink
2 Jahre zuvor

Wieso ist es möglich, in einem Damenturnier eine Norm für einen Herren-Titel zu erwerben?