Huschenbär

Niclas Huschenbeth ist Teil Septetts, das nach drei Runden die Europameisterschaft mit weißer Weste anführt. In der dritten Runde bediente sich der deutsche Großmeister aus dem Eröffnungsfundus der russischen Kreativmaschine Daniil Dubov. Zwar holte Huschenbeth aus der Eröffnung nicht allzu viel heraus, profitierte aber später davon, dass GM Daniele Vocaturo auf der anderen Seite des Brettes beim Übergang ins Endspiel eine lange, forcierte Abwicklung falsch einschätzte. Es ergab sich ein günstiges Endspiel, das Huschenbeth konsequent zum Sieg führte.

Daniil Dubov hat 6.b4 im Italiener nicht erfunden, aber schon einige Male ausprobiert.

Am heutigen Sonntag um 17 Uhr geht die Europameisterschaft mit der vierten von elf Runden weiter (zur Liveübertragung). Nachdem gestern die Schachfreunde Svane und Keymer in deutsch-französischen Duellen ein 2:0 für Allemagne herausgespielt hatten, stehen heute gleich drei deutsch-österreichische Vergleiche auf der Tagesordnung: Donchenko-Blohberger, Horvath-Svane und Köllner-Dragnev (die vollständigen Paarungen der vierten Runde am Ende dieses Beitrags).

Dazu kommt ein deutsch-deutsches Duell. Sollte Spartak Grigorian, neuer Kapitän der Bundesligamannschaft des SV Werder Bremen, auf der Suche nach weiteren Spielern für seinen Kader sein, vielleicht wird er heute auf der anderen Seite des Brettes fündig. Dort sitzt jemand, den vom Godesberger SK abzuwerben sich lohnen könnte. Großmeisterschreck Martin Wecker ist in Godesberg zwar nur die Nummer elf, aber bei der EM mit nun 1,5/3 weiter ordentlich im Rennen.

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Die Zahl der Hundertprozentigen aus der großen deutschen Delegation ist nun auf eins geschrumpft, Niclas Huschenbeth. Die Zahl derjenigen, die Tuchfühlung halten, bleibt hoch. Zuvorderst sind Matthias Blübaum und Liviu Dieter Nisipeanu zu nennen, die mit 2,5/3 einen halben Punkt hinter den sieben Führenden liegen.

Blübaums Partie stand aus Sicht der isländischen Ausrichter unter besonderer Beobachtung. Der Student aus Bielefeld bekam es mit der isländischen Nummer eins zu tun, Großmeister Hjorvar Steinn Gretarsson, seines Zeichens einziger 2600er aus dem Inselstaat. Blübaum ließ mit Schwarz nichts anbrennen und segelte bald einer komfortablen Punkteteilung entgegen.

Nisipeanus Partie stand aus Sicht der Online-Zuschauer lange unter gar keiner Beobachtung. Ein Übertragunsfehler machte es unmöglich zu verfolgen, wie “Beton-Dieter” den Winawer-Franzosen des einstigen U14-Weltmeisters Aydin Suleymanli zertrümmerte, nicht das einzige Übertragungsproblem:

Die Qualität der Fotos aus Reykjavik ist zur dritten Runde sprunghaft gestiegen. Es knipst jetzt ein Profi, aber der macht auch nichts anderes, als zwei einfache Regeln für gute Schachfotos zu befolgen: Nahe ran und auf die Knie. Hier bei Liviu Dieter Nisipeanu. | Foto: Thorsteinn Magnusson/Reykjavik Open

Bemerkenswert ist Nisipeanus Anwesenheit bei der Europameisterschaft. Der Rumäne engagiert sich im Wahlkampf um die Präsidentschaft des rumänischen Schachverbands für den Herausforderer Vlad Ardeleanu. In Rumänien wird längst offen darüber diskutiert, ob der einstige 2700er womöglich zurückkommt, sollte die Verbandswahl so ausgehen, wie er sich das wünscht.

Aber durch Nisipeanus Teilnahme würde so ein Wechsel teuer, die Zweijahresfrist vor einem Wechsel zum Nulltarif hat Nisipeanu mit seiner EM-Teilnahme neu gestartet. Hätte er auf die EM verzichtet, hätte er zum November gratis (bzw. für 50 Euro Bearbeitungsgebühr) zum rumänischen Verband wechseln können, eine Parallele zum Fall Naiditsch, der ebenfalls zum November gratis den Verband wechseln würde, wenn er bis dahin keine Kontinental-Meisterschaft spielt.

Wenig erfreulich verlief die dritte Runde für zwei Sieger des Vortags, Rasmus Svane und Vincent Keymer. Svane bekam von der serbischen World-Cup-Sensation Velimir Ivic in herannahender Zeitnot ein Opfer vorgesetzt, das er nicht ablehnen konnte, und musste sich danach einer hartnäckigen Initiative und fortwährender Drohungen erwehren. Lange fand der Lübecker manch einzigen Zug, dann griff er einmal fehl, und das war schon einmal zu viel.

Vincent Keymer kam gegen Alexei Sarana nicht recht in die Partie, verbrauchte früh viel Zeit, und dann fiel auch noch ein Bauer um. Auch das war einer zu viel.

Diese beiden stehen nun bei 2/3, ebenso wie eine Reihe von Landsleuten: Alexander Donchenko, Daniel Fridman, Roven Vogel und Ruben Gideon Köllner, dessen Bruder Aaron Noah Köllner auf dem neuen Köllner-Blog von einem Eröffnungsfinger- und denkfehler (“Fiasko”) berichtet.

Die Paarungen der vierten Runde mit deutscher Beteiligung (via chess-results.com):

GMHovhannisyan Robert262633GMHuschenbeth Niclas2592
GMBluebaum Matthias2674GMDemchenko Anton2597
GMMamedov Nidjat2595GMNisipeanu Liviu-Dieter2671
GMDonchenko Alexander265722IMBlohberger Felix2502
IMPetenyi Tamas246322GMFridman Daniel2621
IMHorvath Dominik245522GMSvane Rasmus2615
IMSaraci Nderim245522GMKeymer Vincent2602
IMVogel Roven244122GMSivuk Vitaly2589
FMKoellner Ruben Gideon241822GMDragnev Valentin2557
GMFerreira Jorge Viterbo2520IMFruebing Stefan2406
FMKrastev Alexander2389GMHjartarson Johann2519
GMKjartansson Gudmundur2470FMLorscheid Gerhard2202
IMGrigorian Spartak2448Wecker Martin2195
IMLubbe Nikolas2427WGMPtacnikova Lenka2109
IMPein Malcolm230911Butenandt Svenja2036
Heidarsson Arnar Milutin191611Koellner Aaron Noah2248
Humburg Philipp224511Nielsen Thomas1953

Zur Liveübertragung der vierten Runde.

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[…] unlängst berichtet, wird in Rumänien längst offen über Nisipeanus Rückkehr debattiert. Auf Facebook hat sich der […]

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[…] ein deutsch-deutsches Duell: Niclas Huschenbeth, dank seines 100-Prozent-Starts der Buchholz-König unter den Spielern mit 4,5 Punkten, hat Schwarz gegen Spartak […]

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[…] gegen den Russen Alexei Sarana, der ein starkes Turnier spielt (inklusive Sieg gegen Keymer in der dritten Runde). Aber es stehen ja beide Kontrahenten bei den oben erwähnten “plus vier”. Gut […]