Die Eröffnung versemmelt, das Mittelspiel misshandelt, eine Taktik übersehen – jeder von uns steht gelegentlich auf Verlust. Wenn es soweit ist, zählen Fertigkeiten, die die Schachliteratur bis vor kurzem bestenfalls stiefmütterlich behandelt hat: Zähigkeit, Hartnäckigkeit, Erfindungsreichtum, kurz: das Repertoire des Schwindlers. Die Zeitschrift “New in Chess” hat jetzt einen Preis für den besten Schwindel des Jahres 2020 ausgesetzt, den “Swindle Award”. Noch hast du eine knappe Woche Zeit, deinen Schwindel einzureichen und 250 Euro zu gewinnen.
Die Jury besteht aus einem Mann: dem australischen Großmeister (und einstigen Bundesligaspieler von Werder Bremen) David Smerdon, der mit seinem Buch “The Complete Chess Swindler” für Aufsehen gesorgt hat. Smerdon gibt uns Werkzeuge und Denkhilfen an die Hand, die wir benutzen können, um in verlorener Stellung Dinger zu drehen.
Das beginnt mit der Attitüde. Smerdon rät, in den “Schwindel-Modus” umzuschalten, sobald die Chose auf dem Brett verloren ist. Natürlich werden wir trotzdem verlieren, wenn der Gegner keine Fehler macht, aber es schadet nicht, zumindest alles zu versuchen.
Besteht objektiv keine Hoffnung mehr, ist die Zeit gekommen, um darüber nachzudenken, wie wir unserem Gegner das Leben so schwer wie möglich machen – nicht nur auf dem Brett. Spieler, die kurz vor dem Gewinn stehen, können psychologisch anfällig für Betrügereien sein. Der eine erliegt seinem Hochmut, der andere seiner Angst, der nächste der Ungeduld und wieder ein anderer seinen Kontrollzwang, wenn wir nur hartnäckig und erfindungsreich anwenden, was wir in Smerdons Schwindel-Werkzeugkasten finden.
Am Ende seiner Ausführungen bietet uns der Australier drei Kapitel mit 108 Übungen, die sich grundsätzlich von traditionellen Schachaufgaben unterscheiden. Es geht nicht darum, den besten Zug zu finden, sondern einen Weg, die Chance zu maximieren, den Gegner zu beschwindeln. Sich darauf einzulassen, fühlt sich ungewohnt an – aber es rettet am Brett Punkte, die ohne Kenntnis der Smerdonschen Werkzeuge verloren gegangen wären.
Ist dir im Lauf des vergangenen Jahres ein großartiger Schwindel gelungen? Schicke ihn bis zum 31. Dezember an swindles@newinchess.com. Der beste Schwindel des Jahres 2020 wird mit 250 Euro prämiert.