Missverständnis? Frauen-Teamchef Alexander Naumann schmeißt hin

Alexander Naumann steht als Kapitän der Frauen-Nationalmannschaft nicht mehr zur Verfügung. Naumann stand unter dem Eindruck, für die Nominierungen der Frauen zuständig zu sein. In einem Gespräch mit Bundestrainer Dorian Rogozenco wurde ihm nun mitgeteilt, dass das nicht der Fall ist. Diese Einschätzung bestätigt DSB-Präsident Ullrich Krause in seiner neuesten “Mitteilung“: Nominieren sei Sache des Bundestrainers.

“Wir werden noch klären, wie es zu diesem Missverständnis gekommen ist”, schreibt Krause.

Wenn es so ist, wie der DSB-Präsident mitteilt, muss diese Seite die Glaubwürdigkeit ihrer Quellen hinterfragen. Wenn nämlich der Bundestrainer fürs Nominieren der Frauen zuständig wäre, hätte ein halbes Dutzend von dieser Seite befragte Spieler und Offizielle gelogen, darunter Aktivensprecherin Sarah Papp, als sie unlängst erklärte, bei der Sitzung der Kommission Leistungssport Ende 2019 sei beschlossen worden, dass künftig Alexander Naumann die Frauen nominiert.

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Unsere Nationalmannschaften: Die mit weitem Abstand wichtigsten Akteure im deutschen Schach, eingerahmt von Bundestrainer Dorian Rogozenco (vorne links) und dem ehemaligen Kapitän der Frauenmannschaft Alexander Naumann (rechts). | Foto: Deutscher Schachbund

Wahr ist nach Angaben der Befragten durchaus, dass im Arbeitsvertrag des Bundestrainers steht, er sei fürs Nominieren zuständig. Nur sei eben bei dieser Sitzung in Dortmund beschlossen worden, im Sinne des sportlichen Erfolgs, der Kontinuität und eines friedlichen Miteinanders Naumann die Zuständigkeit für die Frauen zu übergeben. Dem habe der Bundestrainer zugestimmt.

Wenn es so ist, wie der DSB-Präsident mitteilt, dann ist diese Seite nicht nur von mehreren Quellen belogen worden. Obendrein wurde ihr eine gefälschte E-Mail des Bundestrainers zugespielt. In dieser teilte Rogozenco nach besagter Sitzung der Kommission Leistungssport den National- und Kaderspielern mit:

“… Der Referent Leistungssport Andreas Jagodzinsky ist Eurem Wunsch nachgegangen und vorgeschlagen den Frauenkapitän Alexander Naumann mehr in Frauenbereich zu involvieren. Das wurde akzeptiert und heißt auch, dass zukünftig die Frauennominierungen von Alexander entschieden werden …”

Diese Seite hat keinen Anlass, an der Aufrichtigkeit der befragten Schachfreunde zu zweifeln. Es gilt, was sich in diesem Bericht nachlesen lässt …

… mit dem einzigen Unterschied, dass der in der bisherigen Berichterstattung als Kapitän der Frauenmannschaft geführte Alexander Naumann nicht mehr im Amt ist.

Alexander Naumann teilt auf Anfrage dieser Seite mit:
“Im Dezember 2019 wurde gegenüber den Kaderspielerinnen und mir klar kommuniziert, dass ich zukünftig für die Nominierungsfragen zuständig bin. Vor wenigen Tagen wurde mir mitgeteilt, dass es sich dabei um ein Missverständnis gehandelt habe. Ich möchte in der ohnehin angespannten Situation im Leistungssport keine Diskussionen über Zuständigkeiten führen. Daher halte ich es für besser, wenn jemand die Funktion ausübt, der unter den mir nun mitgeteilten Bedingungen arbeiten möchte, denn Streitigkeiten über Zuständigkeiten helfen nicht weiter.”

Befragt zur neuesten Entwicklung, teilt Sarah Papp mit:
“Die Spielerinnen bedauern es sehr, dass Alexander Naumann als Frauenkapitän nicht mehr zur Verfügung steht. Im September hatten wir noch einen gemeinsamen Lehrgang, der von allen Teilnehmerinnen als positiv bewertet wurde. Gerne verweise ich auf den Beitrag “Betr.: Leistungssport”, in dem ich meinen Unmut über die fünf Trainer bei sechs Nationalteameinsätzen und die mangelnde Kontinuität äußere. Nun wird wohl ein sechster Trainer hinzukommen.”

Leistungssportreferent Andreas Jagodzinsky teilt auf Anfrage mit:
“Ich bedauere, dass Alexander Naumann zukünftig nicht mehr als Kapitän der Frauenmannschaft zur Verfügung steht. Alexander hat die Mannschaft in einer schwierigen Phase übernommen. Nach meinem Endruck, der mir auch von der Aktivensprecherin Sarah Papp und weiteren Spielerinnen in mehreren Gesprächen bestätgt wurde, war Alexander bei den Frauen akzeptiert und hat das Vertrauen aller Spielerinnen genossen. Zuletzt hatte er noch im September ein mehrtägiges Trainingslager für die Frauen durchgeführt. Ich hatte gehofft, dass die Zusammenarbeit langfristig fortgesetzt wird, habe aber für die Gründe, die mir in einem Telefonat am Wochenende erläutert worden sind, Verständnis. Ich möchte Alexander an dieser Stelle noch einmal für die geleistete Arbeit danken.” 

Wir haben den Pressesprecher unseres Schachbunds mit dem Beschluss der Kommission Leistungssport sowie der E-Mail des Bundestrainers konfrontiert und gebeten, eine Grundlage für das Verwenden des Begriffs “Missverständnis” aufzuzeigen. Sobald eine Antwort vorliegt, wird sie in diesen Text eingearbeitet.

(Titelfoto: Schachbundesliga)

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Mary Napp
Mary Napp
3 Jahre zuvor

Wer nominiert denn nun?
Da hilft doch tatsächlich die Webseite des DSB:
https://www.schachbund.de/team-news/das-ist-der-dsb-kader-fuer-2020.html
Da steht wörtlich:
“Kapitän wird dann erneut GM Alexander Naumann sein. Dieser wird sich zukünftig um die Nominierung der Frauennationalmannschaft, die Koordination der Mannschaftstrainingsmaßnahmen und die Betreuung bei der Schacholympiade und der Mannschafts-EM kümmern.”

Vielleicht hätte Herr Krause vor seiner Stellungnahme mal seine eigene Webpräsenz lesen sollen!

PS: Schnell lesen – wird wahrscheinlich bald geändert oder gelöscht werden.

Schachfreund
Schachfreund
3 Jahre zuvor

Ullrich Krause scheint (leider!) mit seiner Aufgabe, den Deutschen Schachbund zu führen, mehr und mehr überfordert zu sein. Er weiß nicht mehr, wem was zugesagt wurde. Seine öffentlichen Stellungnahmen (“Mitteilungen”) entgleiten ihm zusehends. Erst schreibt er “Wir werden außerdem den Ergebnissen der Prüfung durch die beiden Kassenprüfer nicht vorgreifen und warten den Bericht von Dennis Bastian und Dirk Rütemann selbstverständlich ab, bevor wir uns ein endgültiges Urteil erlauben.” Dann aber “Wir können allerdings schon jetzt sagen, dass der Bundestrainer die relevanten Ordnungen aus unserer Sicht vollständig befolgt hat und dass wir an der Professionalität und Objektivität des Bundestrainers keine Zweifel… Weiterlesen »

Mary Napp
Mary Napp
3 Jahre zuvor

Da Herr Krause nur eine dürre Standard-Dankesfloskel hinbekommen hat, möchte ich mich hier ausdrücklich bei Herrn Naumann bedanken. Ich finde er hat einen tollen Job gemacht: unaufgeregt, zielorientiert und erfolgreich. Die Frauen seiner Mannschaft sind offensichtlich alle mit ihm zufrieden. Sehr schade, daß es so schnell enden musste. Vermutlich wurde Herrn Naumann bei der letzten Komissionssitzung mitgeteilt, er sei wohl wirr, wenn nicht gar irr, anzunehmen, daß ein Mannschaftskapitän Nominierungen vornehmen könne. Das hätte nie jemand gesagt oder geschrieben. Entscheidend sei schließlich, was im Arbeitsvertrag von Herrn Rogozenco stehe. An den solle sich Herr Naumann halten, obwohl er ihn gar… Weiterlesen »

Sven Schacht
Sven Schacht
3 Jahre zuvor

Ich stutze über was ganz anderes. Der Kapitän der Frauen-Nationalmannschaft ist allen Ernstes ein Mann? Bei welcher Sportart bin ich denn hier gelandet? Sollte die Kapitänin nicht aus den Reihen der Aktiven kommen? Und überhaupt: Auf dem Bild sind ganze fünf Frauen von sieben Männern eingezwängt. Von Gleichstellung hat man hier noch nix gehört? Ein reines Männer-Ding mit hübschen Accessoires? Hier muss noch viel Arbeit geleistet werden. Ich fang mal mit dem Kommentar hier an.

Krennwurzn
Krennwurzn
3 Jahre zuvor

Die entscheidende Frage ist doch:
Wie lange darf Krause noch Präsident unter dem Geschäftsführer Fenner bleiben??
Vielleicht kann da unser Berger Licht ins Dunkel bringen 😉

Last edited 3 Jahre zuvor by Krennwurzn
Klaus Zeiler
Klaus Zeiler
3 Jahre zuvor

Ein weiteres unsägliches Kapitel bereffend der Inkompetenz auf Bundesebene, da muss man sich als Mitglied wirklich schämen! Und noch ärgerlicher ist, daß ich meinen Beiträgen dies auch noch unterstütze! Während wir auf regionaler Ebene mit großem Engagement für das Image des Schachsports kämpfen (bei mir sind es fast 40 Jahre), “glänzt” der Bundesvorstand mit kleinkarierten Machtspielen! Natürlich ist der Kapitän der Frauen-Nationalmannschaft für die Nominierung zuständig, wer denn sonst? So groß kann ein Missverständnis gar nicht sein. Wahrscheinlich ist Herr Naumann einfach in Ungnade gefallen und wird nun geopfert. Auf jeden Fall ist die Aussendarstellung unseres Verbandes unprofessionell und anscheinend… Weiterlesen »

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[…] Rücktritt ankündigte. Wenig später folgte Frauen-Kapitän Alexander Naumann, nachdem Absprachen ignoriert und zugesagte Kompetenzen zurückgenommen worden seien. Im Fall Naumann lässt sich DSB-Präsident […]

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[…] Finanzen in der Hauptausschuss-Meldung nicht aufgefallen, das „Missverständnis“-Eigentor des DSB-Präsidenten auch nicht. Ein PR-Helfer würde natürlich verstehen, dass der knappe Kampf […]

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[…] 13 Stunden wurde keiner der jüngsten Abgründe ausgeleuchtet. Wie kann jemand rausgeekelt werden, dessen Arbeit alle Beteiligten für gut halten, jemand, der allseits beliebt ist? Warum […]

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[…] spielen wollten. Nach der überraschenden Erkenntnis, dass sich Alexander Naumann nicht beliebig herumschubsen lässt, dürfte auch dieser Name auf der Liste und die damit verbundene Resonanz unsere […]

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[…] der Leistungssportreferent zurückgetreten war, dann der Kapitän der Frauen-Nationalmannschaft zurückgetreten war, dann 12 von 19 B-Kader-Spielern dem DSB angedroht hatten, öffentlich ihren Rücktritt aus der […]

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[…] Unabhängig davon, wer nachkommt: Bei den Damen musste Leistungssportreferent Gerald Hertneck für die unmittelbare Zukunft jetzt mit dem arbeiten, was er vorfindet. Und das waren vor allem zwei Lücken, die besagte sportliche hinter Pähtz, dazu eine personelle auf dem vakanten Posten des Frauentrainers. […]

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[…] hat? Sicher ist, dass Ullrich Krause und sein Präsidium dazu neigen, alternative Wirklichkeiten zu verbreiten, wenn es kontrovers wird, auch die Finanzen betreffend. Die Schachjugend steht eher in der […]

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[…] sich Bundestrainer Dorian Rogozenco nicht mehr halten, da schmiss Frauen-Teamchef Alexander Naumann hin, da schied Nationalspieler Georg Meier im Unfrieden vom deutschen Verband, da wurde […]

Dr. Hofstetter
Dr. Hofstetter
3 Jahre zuvor

Wo ist denn der berühmte Sack Reis, der in China umgefallen ist???

Werner Berger
Werner Berger
3 Jahre zuvor

Wenn im Arbeitsvertrag mit dem Bundestrainer fixiert ist, dass dieser für die Aufstellungen zuständig ist, steht es der Kommission Leistungssport nicht zu, Abweichungen hiervon festzulegen. Ein Beschluss der Kommission Leistungssport mit davon abweichendem Inhalt ist offensichtlich nichtig, und der Bundestrainer kann nicht von sich aus auf die ihm qua Arbeitsvertrag obliegende Verpflichtung verzichten. Dadurch wird natürlich niemand zum “Lügner” gestempelt.