Ist Holländisch eine gute Eröffnung?

Hängt davon ab, über welches Holländisch wir reden 😉

Unter dem Namen „Holländische Verteidigung“ verbergen sich eine Reihe von Aufbauten, die zwar gemeinsam haben, dass Schwarz 1.d2-d4 mit 1…f7-f5 beantwortet, sich aber ansonsten deutlich unterscheiden. Auch hinsichtlich ihrer Qualität.

Schon nach dem ersten Zug sehen wir, dass Holländisch zwar ambitioniert, aber auch ein zweischneidiges Schwert ist.

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Schwarz kontrolliert das zentrale Feld e4, hat jetzt schon am Königsflügel Raum abgesteckt, das ist gut. Tatsächlich wird in fast allen Holländisch-Abspielen ein Kampf um das Feld e4 entbrennen, und Schwarz hat oft gute Aussichten, diesen erfolgreich zu bestreiten. Aber er hat auch das Feld entblößt, das zu entblößen jedem Schachschüler streng verboten ist: f7. Der Zug 1…f7-f5 schwächt unwiderbringlich die schwarze Königsstellung.

Als Hikaru Nakamura Holländisch gegen Elisabeth Pähtz spielte: Der Leser verzeihe die bescheidene Qualität des Tons. Dieses war eines der frühen Videos, angefertigt ohne ordentliches Mikro. Den Inhalt halten wir gleichwohl für sehr vorzeigbar.

Der objektiv beste und neben dem Leningrader System meistgespielte Holländer ist mit einiger Sicherheit der so genannte „Stonewall“, die Steinmauer.

Mit seinem zentralen Bauernblock verfolgt Schwarz eine aggressive Strategie: Gleich zu Beginn der Partie setzt Schwarz darauf, mehr Raum zu kontrollieren als der Weiße. Wer als Nachziehender so ein Konzept verfolgt, der muss Zugeständnisse machen – in diesem Fall die ungenügende Kontrolle des Feldes e5 sowie der hinter seinem Bauernblock eingesperrte Läufer c8, ein potenziell „schlechter Läufer“.

Ihren guten Läufer entwickelten die Schwarzen früher nach e7, den schlechten versuchten sie via c8-d7-e8-h5 ins Freie zu befördern. Heute landet der schwarzfeldrige Läufer des Schwarzen eher auf d6. Das ist eh das aktivere Feld und obendrein besser geeignet, Weiß davon abzuhalten, per Lc1-a3 seinen „schlechten“ Läufer gegen den „guten“ des Schwarzen zu tauschen: per …Dd8-e7 kann Schwarz jederzeit das Feld a3 ein weiteres Mal bestreichen.

Perlen-Empfehlung: „The Diamond Dutch“ von Großmeister Viktor Moskalenko beleuchtet die Eröffnung aus der weißen und schwarzen Perspektive und legt einen Schwerpunkt darauf, Pläne, Ideen und Fallen aufzuzeigen. Dazu kommen der eine oder andere historische Schwenk und Musterpartien. In der Variantendichte nicht erdrückend, dafür leichter konsumierbar und hinsichtlich Anschaulichkeit und einprägsamen Momenten überragend.

Statt der langen Route von c8 bis h5 eröffnet Schwarz seinen „schlechten“ Läufer im Stonewall moderner Prägung per …b6 eine Diagonale zur Entwicklung. Oft wird Schwarz per …a5 Raum am Damenflügel abgreifen oder per …c5 Handgreiflichkeiten im Zentrum forcieren. So gespielt, mag der holländische Stonewall sogar gleichberechtigt neben den anderen Top-Eröffnungen gegen 1.d4 stehen.

Im Beitrag „Die Steinmauer“ haben wir für den Holländisch-Neuling einige Stonewall-Grundlagen aufgeschrieben. Auch darüber hinaus findet sich auf dieser Seite jede Menge Material zu Stonewall-Strukturen.

Fortgeschrittene finden hier ein kleines Holländisch-Essay und eine Idee, wie sich der Stonewall knacken lässt: „How to demolish the Stonewall“.

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