Liga zwei – Nigel ist dabei: Short wird Münchner

Nigel Short spielt in der kommenden Saison in der Zweiten Bundesliga Ost. Dem Münchner Verein “MSA Zugzwang 82” gelang der Coup, den ehemaligen Vizeweltmeister und aktuellen Vizepräsidenten des Schach-Weltverbands FIDE für das Spitzenbrett zu verpflichten.

Der Konkurrenz, insbesondere dem Lokalrivalen Münchner SC 1836, senden die Zugzwang-Denksportler mit ihrer Verpflichtung schon vor Saisonbeginn ein starkes Signal: Wir wollen zurück in die erste Liga.

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Am ersten Brett der zweiten Liga Ost könnte Short auf seinen Landsmann Gawain Jones treffen. Der hütete in der vergangenen Saison das erste Brett des Zugzwang-Lokalrivalen und Aufstiegskonkurrenten Münchner SC 1836. (Foto: Maria Emelianova/chess.com)
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5,5/12 am ersten Brett in der ersten Liga war ein mehr als respaktables Resultat für Leon Mons. Er bleibt Zugwang erhalten und rückt nun freiwillig ans zweite Brett. (Foto: Perlen vom Bodensee)

Der Abstieg am Ende der Saison 2018/19 nach drei Jahren Zugehörigkeit zur stärksten Liga der Welt soll als Episode in die noch junge Vereinsgeschichte eingehen und möglichst bald repariert werden. Seine Mannschaft hat Zugzwang weitgehend zusammengehalten. Zugunsten Shorts rückt GM Leon Mons nun freiwillig ans zweite Brett in der zweiten Liga, nachdem er in der Vorsaison mit 5,5/12 am ersten Brett in der ersten Liga alles andere als eine Absteiger-Bilanz erzielt hatte. 

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Zuletzt vor 20 Jahren hat Nigel Short für einen deutschen Verein gespielt, 1998/99 für den SV Castrop Rauxel in der Bundesliga. Was ihn nun bewog zurückzukehren, woher die Verbindung nach München stammt, das erklärt uns ein künftiger Mannschaftskamerad der britischen Schachlegende.

Als neuesten Gastautor begrüßen wir heute Gerald Hertneck, ehemaliger National- und Top-50-Spieler und einer der fünf Großmeister, mit denen Zugzwang das Unternehmen Rückkehr in die erste Liga angeht: 

“Heiß auf den Aufstieg”

Von Gerald Hertneck  

Nigel Short spielt die nächste Saison für den MSA Zugzwang, und zwar in der 2. Bundesliga Ost. Wirklich? Die Schachlegende Short bei einem eher unbedeutenden Münchner Verein wie Zugzwang? Wie kam es dazu? Diese Frage drängt sich auf und soll nachfolgend beantwortet werden.

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Sponsor Roman Krulich bleibt seinem Verein nicht nur treu, mit der Verpflichtung von Nigel Short verstärkte er gar trotz Abstieg sein Engagement. (Fotos (3): David Llada/Schachakdemie München)

Es begann mit der Mannschaftsbesprechung in der Schachakademie Ende der vergangenen Bundesligasaison. Wir saßen im Mannschaftskreis mit Vorsitzendem und Sponsor zusammen und beratschlagten, wie es mit dem Team in der nächsten Saison weitergehen sollte. Schnell stellte sich heraus, dass alle Spieler im Team heiß darauf waren, wieder in die Spitzenliga aufzusteigen, nachdem wir uns dort immerhin 3 Jahre getummelt hatten. Schließlich war das unser erster Abstieg überhaupt, und wir wollten nicht in die Zweitklassigkeit zurückfallen.

Es kam die Idee auf, sich am Spitzenbrett mit einem Spieler zwischen 2600 und 2700 zu verstärken, um die Mannschaft vorne zu stärken. Unter dieser Voraussetzung erklärten sich alle Spieler (bis auf Christian Schramm, der sich bereits zuvor anders entschieden hatte) bereit, der Mannschaft die Treue zu halten. Besonders freute mich, dass unser Spitzenbrett Leon Mons uns die Treue hielt und andere Angebote ausschlug.

Verstärken ja – aber mit wem?

Doch welcher Spieler würde auserkoren, künftig das Spitzenbrett zu besetzen? Das war zu diesem Zeitpunkt niemandem klar, zumal ja die meisten Spitzenspieler schon irgendwo anders unter Vertrag in der 1. oder 2. Liga stehen. Eine Frage von vielen war natürlich auch, ob wir künftig Deutsch oder Englisch in der Mannschaft sprechen würden, aber das ließen wir auf uns zukommen.

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Den “Beautiful Minds Krulich Cup” 2016 in München hat Nigel Short in guter Erinnerung. Dort gewann er eine Partie, noch bevor ein Bauer oder eine Figur geschlagen worden war.

Ich will nicht zu viel über den Findungsprozess schreiben, der über etwa 2 Monate lief, zumal ich daran nicht aktiv beteiligt war. Einige Ideen wurden vorgebracht und wieder verworfen. Einige Initiativen gestartet, die aber schnell versandeten. Es sah schon fast so aus, als ob der Plan nicht glücken würde. Dann kam die überraschende Mail von Dijana Dengler, die den Kontakt zu GM Short hergestellt hatte. Er hatte 2,5 Jahre zuvor in München an einem Schnellturnier teilgenommen, dass von der Münchener Schachakademie bzw. Dijana organisiert worden war.

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Wer sieht, wie viel Spaß diese beiden beim Schnellturnier der Münchner Schachakademie hatten, der wundert sich nicht, dass Nigel Short mit aller Offenheit auf Dijana Denglers Anfrage reagierte, ob er 2019/20 vielleicht für MSA Zugzwang spielen möchte.

Ja, er könne sich vorstellen, für Zugzwang zu spielen, teilte Short mit. Natürlich musste das Honorar noch verhandelt werden, aber hier wurde er sich schnell mit unserem langjährigen Sponsor Roman Krulich einig. Die Mannschaft war auch begeistert, und so stand dem Neuzugang nichts mehr im Wege. Er passt auch zu uns, denn der Altersschnitt liegt in unserem Team über 50. Eben ältere Herren, die gerne und noch recht erfolgreich Schach spielen.

Und so freuen wir uns darauf, in der kommenden Saison mit immerhin 5 Großmeistern anzutreten: GM Short, GM Mons, GM Kindermann, GM Hertneck und GM Bromberger. Gefolgt von dem bewährten Team aus IM Zysk, FM, Gerigk, FM Hoffmeyer, FM Eichler und Kapitän IM Lammers. Und hier der Ausblick auf unsere Chancen: unser stärkster Konkurrent wird sicherlich der MSC 1836, der drittälteste deutsche Schachclub sein. Wie die direkte Begegnung ausgehen wird, kann niemand sagen.

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Großmeister Gerald Hertneck freut sich schon auf seinen neuen Mitspieler.
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[…] habe ich ihn im letzten Kampf der Schachbundesliga Ost live gesehen, als MSC 1836 gegen Zugzwang (Hertnecks Verein, Anm. d. Red.) spielte und er gegen Leon Mons […]

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[…] mit Spielern, die viel jünger als 17 sind. Allen voran natürlich der 14-jährige Kasparow. Auch Nigel Short ist Teil des Felds. Der 12-Jährige hatte wenige Wochen zuvor bei der Britischen Meisterschaft der […]

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[…] Hass auf Holländisch empfinden, das berühmteste Beispiel war Viktor Kortschnoi. Aber auch mein Mannschaftskollege Nigel Short hat mir zum Beispiel schon Vorträge gehalten, wenn er gesehen hat, dass ich […]