Frauen-Nationalteam zum Mobbing-Vorwurf: “Unwahrheiten, Verstoß gegen Gedanken des Mannschaftssports”

“Mobbing” warf Zoya Schleining ihren Mitspielerinnen und dem Teamkapitän der Deutschen Nationalmannschaft der Frauen während der Schacholympiade in Batumi vor. Zunächst intern während des Turniers, dann öffentlich im Interview mit dieser Seite, in dem sie darstellte, warum sie in der zweiten Hälfte des Wettbewerbs nicht mehr zum Einsatz kam und sich auch ansonsten außen vor fühlte.

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Das deutsche Team vor dem 0,5:3,5 gegen Russland, nach dem Zoya Schleining (rechts) nicht mehr zum Einsatz kam. Kapitän Jonathan Carlstedt hatte vor dem Match gegen die hochfavorisierten Russinnen die Aufstellung geändert, um Schleinings Wunsch, mit Weiß zu spielen, gerecht zu werden. Dafür entschuldigte er sich später bei den anderen Spielerinnen. Bei der vermeintlich Gemobbten vermisst Carlstedt die Bereitschaft, auf andere zuzugehen und Fehler einzugestehen. (Foto: Marcus Fenner/Schachbund)

Teamkapitän Jonathan Carlstedt und die Spielerinnen Elisabeth Pähtz, Sarah Hoolt sowie Judith Fuchs beleuchten die Angelegenheit jetzt aus ihrer Sicht. Uns erreichte folgende Stellungnahme dieser vier zum Schleining-Interview:


 

“Wir haben gehofft und wünschen uns weiterhin, dass die Olympiade intern und basierend auf den Tatsachen aufgearbeitet wird. Das Interview von Zoya Schleining und die entstandenen Emotionen würden wir verstehen, hätten die von ihr angeführten Abläufe der Ereignisse und ihre Version der Handlungen einzelner Mitglieder der Mannschaft etwas mit der Wirklichkeit zu tun.

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Zum großen Teil basiert das Interview jedoch auf Unwahrheiten, somit weisen wir Zoyas vorgebrachten Darstellungen zurück. Exemplarisch wollen wir einige Beispiele nennen, die zeigen, dass das Interview in vielen Punkten nicht die Tatsachen  abbildet und in vielen Punkten wichtigen Kontext weglässt:

  • Judith wurde nicht wie Sarah und Filiz nominiert, sondern erspielte sich in einem Stichkampf gegen Jana Schneider den Platz. Wir weisen die Existenz einer „Hamburg-Connection“ zurück.
  • Elisabeth hat nur in genehmigten Ausnahmefällen (wie der bitteren Niederlage gegen Georgien 2) nicht an Besprechungen teilgenommen. Ansonsten hat sie sich als Deutsche Nummer 1 in die Mannschaft eingebracht und den Team-Zusammenhalt gefördert.
  • Zoya ist mehrfach nicht zu gemeinsamen Abendessen im Vorlauf der Olympiade erschienen. Dies wurde geduldet, mit dem Hinweis, dass diese Abendessen zur Stärkung des Teamgeistes dienen. Durch ihre Abwesenheit ist der Konflikt um das Match gegen Schweden erst entstanden.
  • Gegen Sri Lanka setzte Zoya freiwillig aus, um nicht wieder mit Schwarz spielen zu müssen.
  • Zoya hat in Schrift und in Wort zum Ausdruck gebracht, dass sie sich weigern würde mit Schwarz gegen Russland zu spielen. Das ist ein grober Verstoß gegen den Gedanken eines Mannschaftssports.
  • Teamkapitän Jonathan Carlstedt hat noch vor Ort die Verantwortung für die Aufstellung gegen Russland übernommen und sich für sein Einknicken vor Zoya (indem er die geplante Aufstellung zu Gunsten von Zoya änderte) bei der Mannschaft entschuldigt.
  • Ein Gespräch wurde Zoya bereits am 29.9. angeboten, sie antwortete auf das Angebot erst ca 30 Stunden später am 30.9.. Dann wollte sie nur schriftlich eine Stellungnahme gegenüber der Mannschaft abgeben. Erst am 1.10. war sie zu einem Gespräch mit der Mannschaft bereit.
  • Zoya warf der Mannschaft am 1.10. Mobbing vor. Die Mannschaft wies sie unter anderem darauf hin, dass sie, Zoya, sich beim Essen nicht zur Mannschaft setzte und wir sie daraufhin einluden sich zu uns setzen. Daraufhin bat sie am 1.10. mit den Worten „falls ich das falsch interpretiert habe, bitte ich um Entschuldigung“ um Entschuldigung für ihre Vorwürfe.
  • Jonathan erwartete für Zoyas Verhalten vor dem Match gegen Russland von Zoya eine Entschuldigung an die Mannschaft und das Bekenntnis das Wohl der Mannschaft über das Eigene zu stellen. Beides tat sie im Gespräch vom 1.10. und auch in der Folge nicht. Jeder macht Fehler, man muss jedoch bereit sein, sich zu diesen zu bekennen.

Wir wollen im Sinne der Nationalmannschaft und zukünftiger Turniere dazu beitragen Abläufe zu verbessern. Dazu ist der interne Weg der richtige Weg und wir hoffen zu diesem zurückkehren zu können. Andererseits sehen wir uns gezwungen, auf Zoyas Vorwürfe zu reagieren, und tun dies hiermit.”

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Eberhard Schabel
5 Jahre zuvor

Hallo! Als langjähriger Teamchef von vor allem Mädchenteams unseres Vereins, bin ich über die Auseinandersetzung zum Thema „Mobbing innerhalb der Frauennationalmannschaft“ sehr betrübt. Ohne eine Wertung der Angelegenheit abgeben zu können, möchte ich auf folgendes hinweisen. Nicht nur für unsere Mädchen sind die Nationalspielerinnen Vorbilder. Die nun laufende Auseinandersetzung, die auf dem Online- Portal „Perlen vom Bodensee“ in Gang gebracht wurde und nun eine Stellungnahme der „beschuldigten“ Personen nach sich zog, dient in Keiner Weise einer positiven Außendarstellung des deutschen Frauen- Spitzensports und kann zBsp. von mir unseren jungen Spielerinnen nicht erklärt werden. Es stellt sich für mich daher auch… Weiterlesen »

Raymund Stolze
Raymund Stolze
5 Jahre zuvor

Hier einige Anmerkungen zu der Stellungnahme des Frauen-Nationalteam zum Schleining-Interview: „Unwahrheiten, Verstoß gegen Gedanken des Mannschaftssports“ “Judith wurde nicht wie Sarah und Filiz nominiert, sondern erspielte sich in einem Stichkampf gegen Jana Schneider den Platz. Wir weisen die Existenz einer „Hamburg-Connection“ zurück.” Dass es einen Stichkampf – warum allerdings zwischen Judith Fuchs und Jana Schneider gegeben hat , ist bekannt. Judith gewann ihn 2:0 und wurde danach für das deutsche Frauen-Olympiateam vom Bundestrainer nominiert! Zoya Schleining hat im Übrigens niemals behauptet, dass es eine „Hamburg-Connection“ gegeben hat! Ihre Frage allerdings, welche Kriterien es denn für die Nominierung in die Nationalmannschaft… Weiterlesen »